Kommentar

SK Rapid Wien – Vom Kuhnzept zum Konzept!

Artikel und Berichte über die aktuellen Mißstände beim traditionsreichsten und populärsten Clubs des Landes, dem SK Rapid Wien, schießen derzeit aus dem Boden wie die sprichwörtlichen Schwammerl. Mittlerweile weiß also so gut wie jeder einigermaßen gut informierte Fan, woran es krankt. Da es aber außer ein paar Stichworten wie „Strukturreform“ und „Stadionthema“ so gut wie keine Ansätze und Pläne zur Verbesserung der Situation gibt, haben wir uns etwas ausführlicher mit dem Thema beschäftigt und versucht, unsere Gedanken und Ideen strukturiert zusammenzufassen. Denn: die Krise eines Großclubs in Österreich hat im Gegensatz zu den großen Ligen auch Auswirkungen auf die gesamte Bundesliga.

Einleitung

Der SK Rapid Wien befindet sich aktuell in einer Krise schlimmsten Ausmaßes. Aus Mangel an finanziellen Möglichkeiten konnte in der laufenden Transferperiode – bis zu der etwas überraschenden Verpflichtung des Deutsch-Griechen Thanos Petsos – kein einziger echter Neuzugang verpflichtet werden, lediglich zwei bisher verliehene Spieler wurden zurückgeholt, zwei weitere Spieler (Dibon, Radlinger) wurde leihweise verpflichtet. Wobei die Leihe von Christopher Dibon von Red Bull Salzburg ein wenig die Frage der Sinnhaftigkeit aufwirft. Nicht wegen der Person Dibon an sich, sondern ob der Tatsache, dass man einem Ligakonkurrenten einen Bankdrücker „aufpäppelt“ – denn die Leihe wurde für ein Jahr ohne Kaufoption abgeschlossen. Es war nicht einmal möglich, ablösefreie Spieler oder Spieler des Absteigers SV Mattersburg zu verpflichten (z. B. Patrick Farkas), so limitiert sind die Geldmittel!

Parallel dazu manifestiert sich der langsame Zerfall des Vereins auch im altehrwürdigen Stadion „St. Hanappi“, das munter vor sich hin schimmelt, rostet und zerbröckelt. Eine Sanierung ist wirtschaftlich weder zeitgemäß noch sinnvoll. Ein Stadionneubau ist unumgänglich! Einerseits um die Kapazität der Zuschauerränge auf mindestens 25.000 (besser 30.000) zu erhöhen, andererseits um eine zeitgemäße – über Jahrzehnte haltbare – Infrastruktur zu gewährleisten.

Die Struktur des populärsten Vereins Österreichs gehört dringendst reformiert, um den aktuellen Anforderungen des Profifußballs gerecht zu werden. Ein nicht gewinnorientierter Verein mit tlw. nicht fulltime engagierten Mitarbeitern erfüllt diese Kriterien in keinster Weise. Eine Strukturreform, die das Ziel hat, ein zeitgemäßes Fußballunternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft als wirtschaftliche und rechtliche Grundlage des Clubs zu definieren, ist unabdingbar.

Die Versäumnisse der letzten Jahre haben auch der Marke „Rapid“ nachhaltig Schaden zugefügt, wodurch auch neue potente Sponsoren ausbleiben. Ein zentraler Punkt des neuen Managements muss daher auch die Neuausrichtung/Neudefinition der Marke „Rapid“ sein. Eine Marke, die das ausdrückt, was potentielle Sponsoren mit ihrem Engagement transportieren wollen. Zu dieser Markenstrategie gehört auch die Definition eines klaren, verbindlichen Leitbilds und einer langfristigen Strategie.

Parallel zur Neuausrichtung der Markenstrategie muss auch an der Erschließung neuer Einnahmequellen gearbeitet werden. Sponsoring und eine zeitgemäße Infrastruktur sind dabei wesentliche Eckpfeiler, jedoch müssen sämtliche Mittel ausgeschöpft werden, um ein kongruentes Verhältnis zwischen Popularität und Finanzkraft herzustellen.

Last but not least ist das aktuelle Scouting zu überdenken. Derzeit scheint der Horizont der Spielersuche an der österreichischen Staatsgrenze zu enden (wenngleich sich das unter Sportdirektor Helmut Schulte bereits bessern dürfte), etliche andere österreichische Bundesligisten sehen über den Tellerrand hinaus und holen beispielsweise Spieler aus U-Mannschaften renommierter Clubs in Topligen. Auch der verstärkte Einsatz technischer Hilfsmittel beim Scouting (z. B. wyscout) ist zu überlegen.

 

 

Status quo

Der SK Rapid Wien ist ein Mitgliederverein, dessen Geschicke von einem in der Hauptversammlung gewählten Präsidium bestimmt und von einer dem Präsidium untergeordneten Geschäftsstelle operativ umgesetzt bzw. unterstützt werden.

Um die Vereinsstruktur etwas greifbarer zu machen, sei an dieser Stelle grob auf die Vereinsstruktur des SK Rapid eingegangen (aus der Vereinssatzung):

a) Willensbildende Organe

  • Die Hauptversammlung (besteht aus allen stimmberechtigten Mitgliedern und wählt Präsidium, Kuratorium, Vorstand und Abschlussprüfer. Kann Satzungsänderungen beschließen und Funktionäre entlasten)

  • Das Präsidium (besteht derzeit aus 8 Mitgliedern und ist mit der „Leitung der laufenden Angelegenheiten des Vereins“ betraut (= Geschäftsführung), insbesondere mit der sportlichen und wirtschaftlichen Leitung.

  • Die Geschäftsstelle ist ein dem Präsidium unterstelltes und weisungsgebundenes Hilfsorgan. Geleitet wird die Geschäftsstelle vom kommerziellen Leiter (General Manger), der vom Präsidium bestellt wird. Ebenso kann das Präsidium weitere Bereichsleiter für spezielle Aufgaben bestellen (z. B. Sportdirektor)

b) Das Wahlkomitée

c) Der Abschlussprüfer

d) Organe beratender Funktion

  • Die Mitgliederversammlung (alle Mitglieder, nur beratende Funktion)

  • Der Ältestenrat (vom Präsidium gewählte, langjährige und verdienstvolle Mitglieder, die „auf die Tradition des Vereins achten“ müssen und bei strukturellen Änderungen zu Rate gezogen werden müssen)

  • Das Kuratorium (von der Hauptversammlung auf drei Jahre gewählt und auf Grund seiner personellen Zusammensetzung der wirtschaftlich-technische Beirat)

  • Der Vorstand (von der Hauptversammlung auf drei Jahre gewählt und mit beratender Funktion für spezielle Aufgaben (Wirtschaft, Medizin, Organisation, Jugend, Scouting), aber auch der Trainer der Kampfmannschaft ist Teil des Vorstands)

Aus der elfseitigen Satzung des SK Rapid ein kurzes Exzerpt zu machen, das die Struktur und die groben Aufgaben- und Funktionsverteilungen zusammenfasst, ist gar nicht so einfach. Und das zeigt schon die erste Schwachstelle auf: die Struktur ist nicht nur unzeitgemäß, sondern auch träge und ohne wirklich klare Kompetenzverteilung.

Es gibt vier verschiedene beratende Organe, aber so richtig kommt aus der Satzung nicht heraus, welche Beratungsfunktion konkret welchem Organ zukommt. Es gibt etliche nicht ausreichend abgegrenzte Kompetenzbereiche, die Entscheidungsfindung in so einer Struktur kann einfach nicht rasch und ökonomisch stattfinden.

Augenscheinlich ist auch, dass das Präsidium zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil mit Sponsoren bzw. Sponsorenvertretern bestückt ist. Dadurch ist es den Sponsoren möglich, direkte Einflußnahme auf Entscheidungen auszuüben. Diese Einflußnahme ist insofern zu hinterfragen, da jeder Sponsor in erster Linie seine eigenen Interessen vertreten wird. Die Vereinsführung sollte jedoch ausschließlich im Sinne des Vereins handeln.

Dies führt zum nächsten Schwachpunkt: die Entscheidungen der Geschäftsleitung (Präsidium, Geschäftsstelle) können eigentlich nicht wirklich kontrolliert werden. Bis auf die Hauptversammlung haben alle anderen Organe nur beratende Funktion und keine Möglichkeit zu intervenieren. Doch selbst die Hauptversammlung hat nur die Infos, die ihr von der Vereinsleitung zu den periodischen, ordentlichen Treffen (alle drei Jahre) zur Verfügung gestellt werden. Dazwischen herrscht totale Intransparenz.

Ein weiterer großer Nachteil an der aktuellen Struktur betrifft die Finanzen. Aktuell besteht kaum ein Einblick in den finanziellen Zustand des Vereins, im Normalfall kann lediglich alle drei Jahre bei der Hauptversammlung ein Einblick in die Bilanz genommen werden oder im Zuge des Lizensierungsverfahrens der Bundesliga der ungefähre Zustand des Vereins erahnt werden. Das ist natürlich auch für potentielle Sponsoren ein Nachteil, schließlich will man um den Zustand eines etwaigen Partners Bescheid wissen.

 

 

Ein möglicher Neustart?

1. Strukturreform/zeitgemäße Unternehmensstruktur

Die im vorigen Abschnitt (Istzustand der Vereinsstruktur) dargestellten Nachteile ließen sich allesamt durch eine Ausgliederung des Lizenzspielerbetriebs, des Bereichs Marketing/Kommunikation und der Finanzen in eine Kapitalgesellschaft (z. B. AG, GmbH) ausschalten oder zumindest minimieren.

So traditionsbewußt der SK Rapid Wien auch ist, man soll und darf sich nicht den aktuellen Gegebenheiten des Profifußballs verschließen, wenn man nicht mittelfristig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden will. Der SK Rapid ist der populärste Verein Österreichs und sollte auch dementsprechend als Fußballunternehmen strukturell aufgestellt sein.

Anhand der Vereins- bzw. Unternehmensstruktur des FC Bayern München sei hier exemplarisch eine mögliche, zukunftsträchtige Struktur aufgezeigt. Natürlich sind weder die Umsatzzahlen noch die Qualität der Spieler auch nur ansatzweise vergleichbar, jedoch wirkt das Firmenkonstrukt des FC Bayern auch für den SK Rapid plausibel umsetztbar – vielleicht mit der einen oder anderen Anpassung. 

Szenario SK Rapid AG:

Es wird eine Aktiengesellschaft gegründet, an der der Verein SK Rapid Wien mehrheitlich („50+1“-Regelung, also zumindest 50% plus eine Aktie) beteiligt ist. Diese AG wird ausschließlich von Vollzeit-Managern mit einschlägiger Managementerfahrung geleitet. Die Vorstandsbereiche könnten wie folgt definiert sein:

  • Vorstandsvorsitzender
  • Vorstand Sport (Lizenzspieler, Nachwuchs, Scouting & Sportmedizin)
  • Vorstand Finanzen & Controlling
  • Vorstand Marketing, Kommunkation, Sponsoring & Hospitality

Eine schlank aufgestellte, professionell agierende Organisation mit klar abgesteckten Kompetenzbereichen, die ausschließlich im Sinne des SK Rapid denkt und arbeitet. Sponsoren und ehemalige Rapid-Größen ohne Managementerfahrung kommen maximal in den Aufsichtsrat, der über der Arbeit des Vorstands wacht und gegebenenfalls neue Vorstandsmitglieder bestellt. Aufsichtsratsvorsitzender ist der Präsident des Muttervereins.

Vorteile dieser Struktur:

  • Eröffnung weiterer Finanzierungsmöglichkeiten (Beteiligung externer Investoren bzw. langjähriger Parter, Ausgabe von Anleihen, Beteiligungsmodelle für Fans)

  • Risikominderung für Investoren/Geldgeber (gesetzlich vorgeschriebene Ausstattung mit Grund- bzw. Stammkapital -> kein Totalverlust im Haftungs-/Insolvenzfall, transparente Finanzen durch Rechnungslegungs- und Publizitätspflichten

  • Leistungsbezogenes Gehalt der Vorstände (im Gegensatz zum Verein, kann ein AG-Vorstand bei Nichterreichen der Ziele deutlich einfacher zur Verantwortung gezogen werden)

 

2. Neuausrichtung bzw. Reparatur der „Marke SK Rapid“

Der SK Rapid muss als Premiummarke aufgebaut werden – dies ist von enormer Bedeutung, um potente Sponsoren anziehen zu können. Dazu ist die Definition eines Leitbilds, die Verknüpfung dieses Leitbilds mit einer Botschaft sowie deren aktive Kommunikation an die Fans, Partner, Sponsoren und Medien, erforderlich.  Durch den zunehmenden Konkurrenzdruck von diversen Freizeitangeboten müssen sich die Fußballunternehmen zu modernen Dienstleistungsunternehmen mit entsprechender Kundenorientierung wandeln. Die Ausarbeitung des Leitbilds würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, ebenso sollte sie dem verantwortlichen (und bezahlten) Management vorbehalten sein.

Wichtig ist jedoch aus unserer Sicht, dass Schlagworte „Kampfkraft“, „Leidenschaft“, „Herz“, „Siegeswille“  und „Tradition“ fest darin verankert sein sollen und sich alle Anspruchsgruppen des SK Rapid – die Mannschaft, die Angestellten und die Fans – damit identifizieren können.

Als Vorbild für den Aufbau einer Marke kann z. B der FC St. Pauli (jedoch nicht aus inhaltlicher Sicht) gesehen werden. Trotz seiner Größe hat der FC St. Pauli in einer umfassenden Markenstudie des Deutschen Instituts für Sportmarketing den dritten Platz (nach Bayern München und THW Kiel) in der Wahrnehmung als Marke belegt. Dies zeigt, dass durch einen gezielten Markenaufbau (unter Zuhilfenahme einer Werbeagentur) mit einem wohl durchdachten Leitbild und der dazugehörigen Kommunikation einiges möglich ist.

 

3. Erschließen neuer Geschäftsmodelle und Finanzierungsformen

Im europäischen Umfeld haben österreichische Vereine – so sie nicht das Marketinginstrument eines Energy-Drink-Herstellers sind – einen gewaltigen Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu den Klubs aus den großen Ligen. Grund dafür ist, dass die Einnahmen aus den TV-Rechten der Liga in Österreich aus verschiedensten Gründen nur einen Bruchteil dessen ausmachen, was Vereine aus Deutschland oder England daraus lukrieren. Dies hat zur Folge, dass die heimischen Vereine umso mehr von den Einnahmen aus Sponsoring, Ticketverkäufen, Merchandising-Artikeln, eventuellen Erfolgen im Europacup, usw. abhängig sind. Fällt eine dieser Säulen etwas schmäler aus als budgetiert (oder fällt sie komplett weg), wurden in den vergangenen Jahren diese Löcher nicht selten mit den Erlösen von Spielerverkäufen gestopft – dies ist natürlich keine langfristige Strategie!

Durch diesen Wettbewerbsnachteil wird es für die österreichischen Vereine unmöglich, zu den Top-Klubs in Europa zu zählen, aber in diesem Dilemma stecken auch die Spitzenmannschaften anderer kleiner Länder wie Schweiz, Belgien, etc. Und genau das soll das Ziel sein, sich mit diesen Klubs zu messen und in sportlicher Hinsicht auf die Stufe eines FC Basel oder RSC Anderlecht zu gelangen.

Wenn ein österreichischer Verein dies ohne Mäzen oder Großsponsor schafft, kann das am ehesten der SK Rapid sein, der die höchste Popularität im Land besitzt. Derzeit besteht ein absolutes Missverhältnis zwischen dieser Popularität und den daraus lukrierten finanziellen Mitteln. Es müssen daher innovative Geschäftsmodelle und Finanzierungsformen gefunden werden, um dieses Gap zu minimieren.

Bevor wir ein paar Ideen dafür beleuchten, werfen wir einen Blick auf das derzeitige Sponsoring:

Status Quo – Sponsoring

Das derzeitige Sponsoring-Konzept des SK Rapid fußt auf der Kategorisierung der Sponsoren in „Hauptsponsor“ (Wien Energie – zugleich auch Trikotsponsor), „Premiumpartner“ (OMV, Ottakringer, Card Complete, Erste Bank, Tipp3, Vienna Insurance Group), „Poolpartner“ (10 Unternehmen), „Ausrüster“ (Adidas, VW Kamper), „Medienpartner“ (8 Partner) und „Kooperationspartner“ (4 Unternehmen). Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass jene Sponsoren aus den Bereichen Hauptsponsor und Premiumpartner, die das finanzielle Fundament des Budgets legen sollen, in den letzten Jahren eher weniger als mehr geworden sind. Dabei ist vor allem das Telekommunikationsunternehmen „Orange“ zu erwähnen, dessen Vertrag am 30.6. ausgelaufen ist und der leider – auch aufgrund des Kaufs durch den Mitbewerber „Drei“ –  nicht verlängert wurde. Ein Ersatz für die nun fehlenden (kolportierten) 1 Mio. Euro pro Jahr konnte bisher nicht gefunden werden, obwohl schon seit Monaten bekannt ist, dass die Zukunft dieses Sponsorings in Frage steht. Ebenso verhält es sich beim Premiumpartner OMV, der seinen Beitrag stark reduziert haben soll und nur mehr die Jugend unterstützt. Weiters musste Rapid einige Zeit ohne Rückensponsor auskommen, bis VW Kamper aus Liebe zum Verein eingesprungen ist.

Natürlich befinden wir uns in einer Zeit, wo Unternehmen jeden Euro zweimal umdrehen bevor sie ihn ausgeben, dennoch muss man sich aber die Frage stellen, wie es sein kann, dass der populärste Verein Österreichs es nicht schafft, neue Geldgeber an Land zu ziehen. Wir sprechen hier gar nicht von einer Erhöhung des Sponsoring-Volumens, es gelingt derzeit nicht einmal den Status Quo zu halten.

Auch aus diesem Grund ist es notwendig einen Blick über den Tellerrand zu wagen, um neue Finanzierungsformen zu finden. Ein paar naheliegende Beispiele haben wir hier exemplarisch angeführt:

Einführung einer Fananleihe

In Deutschland wurde bereits von einigen Klubs eine sogenannte Fananleihe ausgegeben, um dem Verein Kapital zuzuführen. Meist mit einem Festzins ausgestattet, leihen die Fans ihrer Herzensmannschaft für einen bestimmten Zeitraum Geld. Der erste Verein, der dies umgesetzt hatte, war Hertha BSC im Jahr 2004, hier konnten 3,5 Millionen Euro „beschafft“ werden. Am erfolgreichsten war bisher die Fananleihe von Schalke 04 mit einem gezeichneten Volumen von 11 Millionen Euro, aber auch in St. Pauli konnten immerhin 8 Millionen generiert werden. Geld, das Rapid durchaus benötigt, um beispielsweise ein neues Stadion zu errichten. Natürlich ist es utopisch, von Geldbeträgen wie jenen von Schalke auszugehen, aber das Volumen in einem Bereich von 4-6 Millionen Euro (Aachen, Köln, Nürnberg) sollte schon möglich sein. Der Fan muss sich allerdings bewusst sein, dass die Investition durchaus ein Risiko darstellt und unter Umständen (bei Insolvenz) nur eine schöne Schmuckurkunde übrig bleibt – ein gewisser Anteil der Zeichner sieht das Ganze aber ohnedies nur als Liebhaberei.

Verkauf der Stadion-Namensrechte

Sollte es zu einem Stadion-Neubau, der aus unserer Sicht für die mittel- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Rapid absolut notwendig ist, oder zu einer Sanierung des Hanappi-Stadions kommen, so ist der Verkauf der Namensrechte für die Heimstätte ein wichtiger Mosaikstein für die Finanzierung des Vorhabens. Bisher war die Umbenennung von „St. Hanappi“ undenkbar, aber mittlerweile hat die Fanbasis mit einer großen Mehrheit erkannt, dass es eine absolute Notwendigkeit geworden ist. Welchen Namen auch immer das neue Stadion oder das sanierte Stadion tragen wird, in Fankreisen wird es wohl auch zukünftig „St. Hanappi“ heißen. Ziel soll es jedenfalls sein, einen langfristigen Namensgeber zu finden – 10 Jahre sind in Deutschland keine Seltenheit, die jährlichen Zahlungen von zum Beispiel 6 Millionen pro Jahr für die Allianz-Arena und die 4 Millionen für den Signal-Iduna-Park sind in Österreich selbstverständlich unrealistisch. Schon eher die kolportierte jährliche 1 Million, die sich die Generali für die Arena des Stadtrivalen aus Wien-Favoriten kosten lässt – bei einem innovativen Stadionkonzept sollte sogar etwas mehr möglich sein.

Verkauf der Namensrechte für Nord- und Südtribüne

Während es undenkbar ist, die West-Tribüne mit einem Sponsor-Namen zu versehen, sollten die anderen Tribünen, vor allem die Längsseiten mit eben einem solchen benannt werden. In der Vergangenheit gab es ja bereits die OMV-Familientribüne, offensichtlich konnte für die Nachfolge bisher noch niemand gefunden werden.

Beteiligung an Stadionteilen (Solarmodule,…)

International ist es mittlerweile üblich, dass moderne Stadien mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet werden – hier ist beispielsweise die Coface-Arena in Mainz, das Bremer Weserstadion und auch der St. Jakob-Park in Basel zu erwähnen. Vorteil von derartigen Anlagen ist, dass durch Sonnenenergie nicht nur der Stromverbrauch des Stadions abgedeckt wird, sondern ein Energieüberschuss generiert wird, der weiterverkauft werden kann. Das Interessante aus Finanzierungssicht ist, dass man Dritte an den Baukosten für die Solarmodule beteiligt, die verzinste Rückzahlung erfolgt über Genussscheine. Somit kann ein weiterer Teil des Stadions finanziert werden. Ein von Rapid unterstütztes Studenten-Projekt hat sich genau mit diesem Thema befasst – wir gehen im Abschnitt „Klärung der Stadionfrage“ näher darauf ein.

Nutzung des Stadions außerhalb der Spieltage

18 Spiele in der österreichischen Liga, das eine oder andere Cupmatch (so man nicht schon in der ersten Runde auswärts ausscheidet), eine Handvoll Testspiele inklusive „Tag der offenen Tür“ sowie die Spiele in der Europa League-Qualifikation – an rund 30 von 365 Tagen wird das Stadion pro Jahr genutzt.  Eine zusätzliche Möglichkeit Einnahmen zu lukrieren wäre es, das Stadion (und seine Räumlichkeiten) an den restlichen Tagen für andere Aktivitäten zu nutzen. Eine Vermietung an Unternehmen für verschiedene Events, Pressekonferenzen,  Stadiontouren, etc. wären Beispiele dafür. Ein modernes Stadion ist allerdings auch dafür Voraussetzung.

Eigenkapitalaufstockung durch Beteiligungen 

Mit der Gründung einer Kapitalgesellschaft ist es auch möglich, dass durch die Zuführung von Eigenkapital zusätzliche liquide Mittel generiert werden können. Hier kann man insbesonders daran denken, dass Sponsoren und/oder Partner sich an dieser Gesellschaft beteiligen. An der FC Bayern München AG sind beispielsweise Adidas und Audi mit je 9,1% beteiligt. Interessant ist dies vor allem für Sponsoren, die sich langfristig an den Verein binden wollen – dies kann der Ausrüster, aber beispielsweise auch eine Brauerei sein, die sich langfristig den Bierausschank im Stadion sichern will. Vorteil aus Vereinssicht ist an derartigen Beteiligungen, dass für die Finanzierung kein Fremdkapital aufgenommen werden muss und somit der Kapitaldienst aus Zins und Tilgung entfällt. Im Gegenzug zu bedenken ist jedoch, dass man damit den beteiligten Partnern Mitspracherecht einräumt – die Auswahl jener, die man an der Kapitalgesellschaft beteiligt, muss daher mit Bedacht erfolgen.  

 

4. Scouting

Einer der Eckpfeiler eines erfolgreichen Fußballvereins ist die Scouting-Abteilung. Junge Talente vor der Konkurrenz zu entdecken, zu verpflichten und zu Topspielern zu entwickeln ist das Um und Auf beim Aufbau einer schlagkräftigen Mannschaft – ganz abgesehen davon, dass diese Spieler nach einigen Jahren um ein Vielfaches des eingesetzten Kapitals wieder veräußert werden können. Bestes Beispiel für ein mehr als erfolgreiches Scouting ist der BVB, der mit dem Japaner Shinji Kagawa innerhalb von zwei Jahren den 45fachen Transfererlös im Vergleich zum Kaufpreis erziehlt hat (Kaufpreis 2010: € 350.000.- / Verkaufspreis 2012: € 16.000.000.-).

Solche Transfererfolge kann man allerdings nicht erzielen, wenn der Beobachtungshorizont an der österreichischen Staatsgrenze endet, die Scouting-Abteilung massiv unterbesetzt ist und keine modernen, technischen Hilfsmittel in Anspruch genommen werden!

Beispiel für so ein technisches Hilfsmittel wäre die internationale Scouting-Plattform „wyscout„, die mittlerweile mehrere hundert Clubs, Agenturen und Landesverbände zu ihren Kunden zählt – darunter so namhafte Vereine wie Real Madrid, FC Barcelona, Inter Mailand, FC Liverpool, BVB, u. v. a. m. (die komplette Liste ist unter http://wyscout.com/all-customers/ einzusehen). Auch der FC Red Bull Salzburg gehört übrigens zu den Kunden.

Wenn jetzt als Argument eingeworfen wird, dass das sicher zu kostspielig ist, sei auf die Preise der Plattform hingewiesen: eine Pro-Lizenz von wyscout kostet pro Monat € 690.- + USt, ein geradezu lächerlicher Betrag im Verhältnis zum Nutzen!

 

5. Klärung der Stadionfrage (Neubau, Namenssponsor)

Gleich vorab sei gesagt, dass kein vernünftiger Weg an einem Stadionneubau vorbeiführen darf! Jegliches Planspiel mit einer Sanierung des altehrwürdigen „St. Hanappi“ ist nicht zeitgemäß und sowohl wirtschaftlich als auch strategisch grob fahrlässig. So sehr Rapid auch in Hütteldorf verwurzelt ist, sollte dennoch die Möglichkeit „Standort Auhof“ zumindest sachlich diskutiert werden. Allein die Parkplatzsituation und die Anrainerproblematik sind diese Diskussion allemal wert.

Doch zunächst zu den Fakten: aktuell sind von der Stadt Wien EUR 17,7 Mio. für die Stadionsanierung bewilligt worden (eine Umwidmung der Verwendung für einen Stadionneubau sollte kein Problem darstellen).

Die bisher grob kalkulierten bzw. kommunizierten Kosten für einen Stadionneubau ähnlich der „Coface-Arena“ (1. FSV Mainz 05) oder der „SGL Arena“ (FC Augsburg) belaufen sich auf etwa EUR 45 Mio., es fehlen also aktuell EUR 27,3 Mio.

Wie kann der Fehlbetrag seitens SK Rapid Wien nun aufgestellt werden, aus dem Eigenkapital kann es nach derzeitigem Stand der Dinge wohl nicht geschehen.

Vor wenigen Wochen sorgte ein Studentenprojekt namens „ENERGIEPLUS Stadion“ für Aufsehen, das gemeinsam von Studenten der TU, WU, Boku und Uni Wien unter der Leitung von Mag. Günther Jedliczka (OeAD) und Prof. Karin Stieldorf (TU Wien) und mit Unterstützung des SK Rapid Wien konzeptionell umgesetzt wurde.

Dieses Modell sieht ein Stadion vor, das im Laufe eines Jahres mehr Energie produziert als es verbraucht und dadurch einen Energieüberschuss produziert, der ins Stromnetz eingespeist wird und so Erlöse generieren kann.

Parallel dazu soll ein neuartiges Finanzierungskonzept umgesetzt werden, das den Fans ein Beteiligungsmodell an der Photovoltaik-Anlage des Stadions ermöglicht, gleichzeitig die Gesamtbaukosten des Stadions um 5 – 7 Mio. Euro reduziert bzw. an die beteiligungswilligen Fans auslagert. Vereinfacht gesagt können die Fans sich an den Baukosten für die PV-Anlage beteiligen und bekommen jährlich in der Form von Genussscheinen eine verzinste Auszahlung (die wiederum durch den Energieüberschuss lukriert wird).

In dieser Studie wird auch der Mehrwert eines solchen „ENERGIEPLUS Stadions“ aufgezeigt, der sich in der ökologischen Vorreiterrolle, der verstärkten Medienpräsenz und im positiven Image des Vereins niederschlägt – einem potentiellen Namenssponsor des Stadions sollte dieser Mehrwert durchaus einen Gegenwert von 10 – 15 Mio. Euro über die Laufzeit von 10 Jahren wert sein.

Weitere Einnahmen könnten durch Sponsoring von Stadionteilen (Nord- bzw. Südtribüne, VIP-Bereich, etc.) generiert werden. Auch die Möglichkeit einer Förderung bzgl. der Innovation und ökologischen Nachhaltigkeit des Stadions sollten geprüft werden.

Der übrig bleibende Fehlbetrag könnte über den konventionellen Weg einer Fremdfinanzierung abgedeckt werden.

Nichts desto trotz wird der SK Rapid derzeit nicht müde zu betonen, dass dieses Konzept nicht in Auftrag gegeben, sondern lediglich unterstützt wurde…

 

Fazit

Alles hängt nun von schlauen Entscheidungen und innovativen, mutigen Konzepten ab. Beim SK Rapid sollten echte Vollzeit-Manager die Geschicke der Lizenzspielermannschaft, der Finanzen und des Marketings leiten. Manche Dinge können einigermaßen zeitnah umgesetzt werden, anderes bedarf einiger Planung und Geduld. Fakt ist jedoch, dass die Probleme umgehendst und ohne Rücksicht auf persönliche und politische Beziehungen angegangen werden müssen. Diese Thematik betrifft mittlerweile nicht mehr nur den SK Rapid, denn auch die anderen Bundesliga-Clubs werden die sinkenden Zuschauereinnahmen zu spüren bekommen, wenn Rapid nicht mehr die gewohnte Zugkraft besitzt.

 

(Autoren: thelex, xandi)

 


An die Verantwortlichen des SK Rapid Wien: sollten Ihnen einige unsere Ideen zusagen, sind wir sehr gerne bereit, uns konstruktiv einzubringen – und wir würden das Budget bestimmt nicht außergewöhnlich belasten. ;)


Alexander Doubek

Alexander DOUBEK (Gründer/Chefredakteur) Bei 12terMann seit: 09/2011 M: alexander.doubek@12termann.at T: @AlexanderDoubek  

One thought on “SK Rapid Wien – Vom Kuhnzept zum Konzept!

  • Tolle Ideen und Ansichten … noch mehr erfreut es mich die Idee der Anleihe der St.Pauli-Anleihe auch umzusetzen.

    Ich habe dies bereits der Vereinsleitung im November 2011 per Mail (inkl. aller Unterlagen von St. Pauli) vorgeschlagen (jedoch ohne Erfolg) und auch bei der Mitgliederversammlung im Juli 2012 vor Publikum nochmals vorgeschlagen. Ich bekam von den anwesenden Mitgliedern den entsprechenden Applaus, jedoch hatte es keine Eindruck auf das damalige Präsidium gemacht.

    Auch dem neuen Präsidenten habe ich es schon vorgeschlagen und endlich das erste mal ein Gehör dafür bekommen. Ich werde in bälde sehen, welchen Zugang er zu der Thematik hat.

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