Kommentar

querpass #4 – Bitte keine Werbung einwerfen!

Wer kennt sie nicht? Die Werbung, die so manchen österreichischen Fußballverein im Vereinsnamen ziert. In Österreich haben wir eine ganz besondere Kultur, wenn es um das Einbinden der Sponsoren im Namen geht. In der Bundesliga-Saison 2016/17 sind fünf Klubs davon betroffen:

Red Bull Salzburg, Puntigamer Sturm Graz, RZ Pellets WAC, Josko Ried und Cashpoint Altach.

Im letzten Beitrag haben wir die österreichische Bundesliga auf das mögliche Potential durch die Reform und in der Infrastruktur analysiert. Doch gibt es auch die Baustelle „Werbung im Vereinsnamen“, die es zu verbessern gilt, um die Attraktivität in Österreichs höchster Klasse zu steigern?

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Josko Fenster vs. Stabil Fenster

Meister Salzburg trägt seit der Übernahme durch Red Bull im Jahr 2005 die Bezeichnung des Getränkeherstellers. Davor trug die violette Vorgängermannschaft Austria seit 1973 stets ihre Sponsoren auch im Teamnamen. Sturm und Puntigamer gehen seit 20 Jahren eine gemeinsame Partnerschaft ein. Die Grazer waren im Jahr 1969 der erste Verein in der höchsten Spielklasse überhaupt, der mit dem Hauptsponsor im Vereinsnamen auflief. SK Sturm Durisol Graz war damals der klingende Name. Über Raika Sturm und Stabil Fenster Sturm kam es 1996 zur Kooperation mit der Bierbrauerei.

Die Rieder machen heuer einen Tapetenwechsel. Der Fenster-Hersteller Josko, der seit 1998 mit einer Unterbrechung in der Saison 2004/05 Hauptsponsor der Wikinger war, wurde am 15. Juni 2016 durch Guntamatic, einer Pellets-Heizungsfirma, abgelöst. Beim neuen Sponsor wird schon über das neue Logo diskutiert, das den neuen Sponsor „ansprechend integriert“. Aber ist es das, was es braucht, um einen Verein in Österreich professionell aufzuziehen?

 
Auch du, meine tipico Bundesliga?

Verständlich, dass jedes Zugeld für die Klubs interessant und wichtig ist. Doch besteht nicht eventuell langfristig gesehen ein größerer Schaden für Verein und Bundesliga? Ein Sponsor lässt die Attraktivität eines Klubs spürbar sinken. Es macht einen Unterschied ob ich zum Match von Austria Wien bzw. Sturm Graz gehe oder zu jenem von Austria Memphis Magna bzw. Puntigamer Sturm. Die Marke ist im ersten Fall viel stärker geprägt und fördert die Identifikation mit dem Verein.

Die Bundesliga hat diese Tradition seit der Saison 1997/98 für sich selbst gefunden. Damals liefen die Teams für die nächsten sechs Saisonen in der max.Bundesliga auf. Für fünf Jahre hieß sie dann aufgrund der Konzernübernahme T-Mobile Bundesliga, um 2008 auf den glorreichen Namen tipp3-Bundesliga powered by T-Mobile zu kommen. Seit 2014/15 ist der Sportwettenanbieter tipico Namensgeber der höchsten Spielklasse Österreichs.

Beispiel in Grün-Weiß

Ohne einen Verein besonders hervorheben zu wollen, aber am Beispiel des SK Rapid Wien kann man vielleicht diese Identifikation mit dem Verein am besten spüren. Klar, es gibt natürlich auch viele andere Gründe, die Rapid zu dem machen was es ist. Aber im Vergleich zu vielen anderen Teams ist bei den Hütteldorfern ganz besonders, dass sie bis auf die Saison 1976/77, in der sie unter dem Namen SK Rapid Wienerberger spielten, Sponsoren gänzlich vom Vereinsnamen fernhielten. Heute haben die Grün-Weißen die größte Fan-Community in Österreich und erreichen seit Jahren Bestwerte, wenn es um die Besucherzahlen bei den Heimspielen geht.

Es kommt wie gesagt nicht immer auf den Namen an, aber es ist doch eher so, dass man Vereine ohne Sponsoren im Namen attraktiver findet und eher zu diesen Mannschaften unterbewusst hält. Ich finde in Österreich wird guter Fußball für die Verhältnisse gespielt, deswegen brauchen die Teams keine Geldgeber in der Vereinsbezeichnung. Das Niveau würde meines Erachtens mit der Zeit steigen, weil mehr Fans zu den Spielen kommen würden. Mehr Fans bedeutet mehr Geld und mehr Motivation, was wiederum mehr Qualität bedeutet. Die Erste Liga in der letzten Saison war zum Beispiel die attraktivste zweite Spielklasse in Österreich bisher. Viele Traditionsklubs und keine einzige Firma fand sich beim Lesen der Tabelle (wieder das Stichwort: Identifikation).

Wie sieht es international aus?

Dass die Liga nach ihrem Sponsor benannt wird, ist in Europa kein besonderes Phänomen mehr. Viele Ligen lukrieren so zusätzliches Geld. Prominentestes Beispiel ist die englische Premier League, die das Finanzunternehmen Barclays im Namen trägt (Barclays Premier League). Weitere Beispiele finden sich in Italien (Serie A TIM), in Belgien (Jupiler Pro League), in der Schweiz (Raiffeisen Super League) und in Portugal (Liga NOS).

So weit, so gut. Aber um Verzerrungen in den Vereinsnamen zu finden, muss man etwas länger suchen. Bei Klubs und Ländern, in denen die Fanszene eine große Basis bildet, findet man sowas nicht vor. In Deutschland ist das Integrieren der Sponsoren verboten. Lediglich für Bayer Leverkusen wird eine Ausnahme gemacht, da der Verein aus dem Bayer-Konzern im Jahr 1904 entsprungen ist. RB Leipzig wollte Red Bull auch im Namen integrieren. Da eine Namensgebung zu Werbezwecken laut Satzung des DFB jedoch verboten ist, musste man bei der Neugründung im Jahr 2009 auf RasenBallsport ausweichen, um zumindest mit der Abkürzung „RB“ eine Assoziation herzustellen.

Vereinzelt findet man im Osten Europas Vereine, die nach ihren Geldgebern benannt werden. Um einige Beispiele aufzuzählen: Sheriff Tiraspol (Moldawien), Litex Lowetsch (Bulgarien), Zbrojovka Brno (Tschechien), MIKA Ashtarak (Armenien), Videoton Szekesfehervar (Ungarn) oder Infonet Tallinn (Estland). Es gibt bestimmt noch einige, aber dafür müsste man eine gezielte Recherche machen.

Husch, Husch, raus da!

Die Conclusio aus dem Ganzen ist, dass sämtliche Sponsoren und Geldgeber die Finger vom Vereinsnamen lassen sollten. Es reicht schon, dass Stadiennamen vergeben werden und von den Trikots vor lauter Werbung fast nicht mehr die Farben zu sehen sind. Wir schauen uns nicht Josko gegen Puntigamer und Cashpoint gegen RZ Pellets an, sondern Ried gegen Sturm und Altach gegen den WAC.

 
Einige österreichische Schmankerl:

FC Tirol Milch Innsbruck (1995-2002)
SK Komm und Kauf Vorwärts Österreich (1997/98)
Liebherr GAK (1997-2007)
FK Austria Memphis Magna (1999-2004)
SC Interwetten.com (2001-2004)
FC Superfund (2002-2007)
SCS bet-at-home.com (2007/08)

 

Wie seht ihr das? Schreibt es uns einfach über Facebook oder in den Kommentaren unten!

 

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Edvin Gruber

Edvin GRUBER (Redaktionsleitung/Grafik/Fanwear-Design) Bei 12terMann seit: 07/2015 M: edvin.bufi@12terMann.at T: @ediman_b

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