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Alina Zellhofer: „Sportjournalismus hat seinen Preis“

Pünktlich zur Länderspielwoche haben wir für euch ORF-Moderatorin Alina Zellhofer getroffen. Die 31-Jährige gebürtige Linzerin ist seit 2012 Teil der ORF-Sportredaktion und dient so mancher zukünftigen Fussballjournalistin als Vorbild. Im Gespräch mit 12terMann.at spricht sie über den Weg zu ihrem Traumberuf, eigenwillige Arbeitszeiten und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fussballjournalismus.

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12terMann.at: Du gehörst gemeinsam mit deiner Kollegin Kristina Inhof zu den Pionierinnen in der weiblichen österreichischen Sportmoderation. War Sportjournalismus immer dein Ziel, dein Traumberuf?

Alina Zellhofer: Ja, das war zu 100 % das was ich immer machen wollte. Es war schon früh mein Plan, im Sportjournalismus zu arbeiten und ich habe das deshalb schon relativ früh zu verfolgen begonnen.

Auf welche Schwierigkeiten stößt man als Frau in diesem Beruf?

Als ich zum ORF kam ist man mir grundsätzlich offen begegnet, da ich von Beginn an sehr starkes Interesse gezeigt habe, und in jungen Jahren schon in diesen Bereich vorgestoßen bin. Ich wurde im Arbeitsumfeld daher sehr positiv aufgenommen und hatte nie das Gefühl unerwünscht zu sein. Auch die männlichen Kollegen haben positiv wahrgenommen, dass ein neuer Blickwinkel in die Redaktion kommt. Schwierigkeiten gab es eher in der Akzeptanz von außen. Viele müssen sich erst daran gewöhnen, dass eine Frau durch ein Spiel führt und Fussballsendungen moderiert. Da muss man sich erst ein gewisses Standing erarbeiten – was viel Geduld, Arbeitseinsatz und Überzeugungseinsatz sowie vor allem qualitativ hochwertige Berichterstattung erfordert.

Hat sich die Akzeptanz von Sportmoderatorinnen in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren verbessert?

Ich glaube dieses Thema etabliert sich immer besser in der Gesellschaft. Fussballjournalistinnen sind mittlerweile keine Ausnahme mehr, weil die Sender verstärkt auf sie setzen.

Was kannst du als Frau besser als deine männlichen Kollegen?

Ich würde nicht sagen dass ich etwas besser mache, vielleicht aber zumindest etwas anders. Ich denke schon dass der Blickwinkel einer Frau auf ein Fussballspiel sich mitunter von dem eines Mannes unterscheiden kann. Es ist eine Möglichkeit die Berichterstattung zu ergänzen und auf breitere Beine zu stellen und macht die Übertragungen offener. Das kann sich zum Beispiel bei der Interviewführung zeigen, wenn der Zugang einer weiblichen Journalistin vielleicht anders ist, als jener eines Mannes. Auch die Reaktion und der zwischenmenschliche Zugang eines Interviewpartners auf eine weibliche Interviewpartnerin kann mitunter anders ausfallen.  

Hast du bereits einen Shitstorm a la Claudia Neumann erlebt und wenn ja, wie geht man damit um?

So etwas ist mir bislang Gott sei Dank erspart geblieben. Grundsätzlich habe ich in meinen sechs Jahren beim ORF mehr positive Rückmeldungen als negative erhalten. Natürlich wird es immer Menschen geben die gut finden, was du machst, und andere eben nicht. Damit muss man umgehen, man kann es nicht allen recht machen. Ich unterscheide konstruktive Kritik von persönlichen Beleidigungen, wo es nicht um die Sache sondern um die Person geht. In Social Media dringt sehr viel ungefiltert nach außen und davon versuche ich mich abzugrenzen. Das bringt mich nicht weiter, sondern vergiftet nur die Stimmung.

Was würdest du einer jungen Kollegin empfehlen die Sportmoderatorin werden will?  Hast du Tipps, welche Fähigkeiten sollte man mitbringen?

Ein Journalismus-Studium schadet sicher nicht. Allerdings ist Journalismus sehr viel „Learning by Doing“. Das Wichtigste ist, ehrliches Interesse, viel Neugierde und Leidenschaft mitzubringen. Gut ist auch, so früh wie möglich erste Erfahrungen sammeln, idealerweise während der Schule oder des Studiums bei kleinen regionalen Medienunternehmen. Auch online gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten erste Gehversuche im Journalismus zu machen und über die Praxis Kontakte zu knüpfen. Wichtig sind natürlich auch Ausdauer und Zielstrebigkeit. Und was man sich auch bewusst machen sollte: Sportjournalismus nimmt Einfluss auf die Freizeit und das Privatleben. Wir arbeiten nicht Montag bis Freitag von Acht Uhr Morgens bis fünf Uhr Nachmittags. Sport findet Samstag, Sonntag, am Feiertag, am Abend und in der Nacht statt. Es ist ein wunderbarer Beruf, aber auch der hat nicht nur Sonnenseiten.

TV-Übertragungsrechte im Fussball wandern zunehmend in private Hände. Wie siehst du die Zukunft des Fussballs in öffentlich-rechtlichen Medien?

Grundsätzlich denke ich, dass es für öffentlich-rechtliche Medien im Sportbereich immer schwieriger wird, weil die Sportrechte mittlerweile praktisch unerschwinglich geworden sind, und es auch nicht vertretbar wäre, diese Summen durch öffentliche Gebühren aufzubringen. Das ist ein Problem, aber keine neue Entwicklung. Man muss sehen wie lange diese Blase der Sportrechte noch hält und wann sie platzt. Diese Situation hat es ja schon einmal gegeben: Die kurzfristige Finanzspritze der Privaten tat den Vereinen zwar kurzfristig gut; sie haben dann aber schnell festgestellt, dass die Präsenz in öffentlich-rechtlichen Medien gut ist. Wir als ORF sehen das aber andererseits auch als Chance, den Fokus auf andere Dinge zu legen, wie zum Beispiel den Frauenfussball oder regionalen Fussball mit echten Traditionsvereinen. In dieser Situation ist es auch Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Medien, Interesse für etwas aufzubauen, und gleichzeitig aus der Komfortzone rauszukommen, Dinge die gut funktioniert haben zu überdenken und neue Themen zu finden. 

Danke für das Gespräch!

 

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