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UEFA Nations League – Bewerb mit Zukunft oder missglücktes Experiment?

Seit 20. November ist die Gruppenphase der UEFA Nations League 2018/19 Geschichte und der Bewerb damit so gut wie abgeschlossen. Anfang Juni 2019 dürfen sich Portugal, England, die Niederlande und die Schweiz in einem Turnier noch den Titel des Nations-League-Gewinners ausspielen. Für alle anderen UEFA-Mitglieder ist das neue Format aber nach knappen drei Monaten schon wieder vorbei. Wir werfen einen Blick auf die Premiere und analysieren Stärken und Schwächen der Nations League.

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Liga A

Gruppensieger: Niederlande, Schweiz, Portugal, England
Absteiger: Deutschland, Island, Polen, Kroatien

Einige Überraschungen hatten die Spiele der Liga A zu bieten. Die Niederlande, die sich für die letzten beiden Großereignisse nicht einmal qualifizieren konnten, ließen in ihrer Gruppe sowohl den aktuellen Weltmeister Frankreich als auch den entthronten Titelträger Deutschland hinter sich. Für die Deutschen setzte sich das WM-Debakel nathlos fort, sie stiegen mit nur zwei Remis in Liga B ab und fielen für die Auslosung der EM-Qualifikation auch noch aus dem ersten Lostopf raus.

Einen unfassbaren Showdown um den Gruppensieg lieferten sich die Schweiz und Belgien. Obwohl die Schweizer im letzten Gruppenspiel gegen die roten Teufel nach 17 Minuten schon 0:2 zurücklagen, drehten sie die Partie noch in einen 5:2-Heimsieg um und qualifizierten sich für das Final-Four. Island blieb nur die Statistenrolle, null Punkte und ein Torverhältnis von 1:13 sprechen eine deutliche Sprache.

Souverän agierte Europameister Portugal, das mit zwei Siegen und zwei Remis Italien deutlich auf Rang zwei verwies. Auch in dieser Gruppe gab es mit Polen einen klaren Absteiger. England musste bis zum Schluss zittern und überholte durch einen Last-Minute-Sieg im letzten Heimspiel noch Spanien. Vizeweltmeister Kroatien stieg als Gruppenletzter ab und kassierte gleich im ersten Gruppenspiel ein 0:6-Debakel gegen Spanien.

Liga B

Gruppensieger: Ukraine, Schweden, Bosnien und Herzegowina, Dänemark
Absteiger: Slowakei, Türkei, Nordirland, Irland

Mit drei Siegen in den ersten drei Spielen stellte die Ukraine die Weichen schnell auf Gruppensieg und Aufstieg, und ließ Tschechien und die Slowakei klar hinter sich. Kurios in dieser Gruppe ist, dass alle drei Teams ein Torverhältnis von exakt null haben. Schweden zog mit einem Heimsieg über Russland am letzten Spieltag noch am WM-Gastgeber vorbei und spielt künftig in Liga A. Mit nur einem Sieg und drei Niederlagen belegte die Türkei in dieser Gruppe den letzten Platz.

Für Österreich wäre in Gruppe B3 wohl mehr möglich gewesen als der zweite Platz, Gruppensieger Bosnien-Herzegowina war sicher nicht übermächtig. Ohne einen einzigen Punkt blieb Nordirland, das alle Gruppenspiele verlor. Auch Dänemark darf sich bei der nächsten Auflage der Nations League in Liga A versuchen. Die Nordeuropäer verwiesen Wales und Irland auf die Plätze.

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Liga C

Gruppensieger: Schottland, Finnland, Norwegen, Serbien
Absteiger: Estland, Zypern, Slowenien, Litauen

Schottland behielt in der einzigen Dreiergruppe von Liga C gegen Israel und Albanien die Oberhand. Auch hier kam es zu einem Entscheidungsspiel am letzten Spieltag bei dem die Schotten gegen Andreas Herzogs Israelis den Gruppensieg fixierten. Als Überraschung muss man den Gruppensieg von Finnland in Liga C2 bezeichnen. Die Skandinavier hatten sich mit vier Siegen in den ersten vier Spielen genug Polster erspielt, um trotz zwei Niederlagen in den letzten beiden Partien gegen Griechenland und Ungarn den Aufstieg zu fixieren. Estland beendete diese Gruppe deutlich abgeschlagen als Letzter. Norwegen konnte sich gegen Bulgarien behaupten und mit nur einer Niederlage und einem Remis Gruppe C3 gewinnen.

Mit Zypern und Slowenien stiegen gleich zwei Teams dieser Gruppe ab, da in Liga C 15 Mannschaften spielen und es so auch den schlechtesten Gruppendritten, in diesem Fall Zypern, erwischt. Ungeschlagen beendete Serbien die Gruppenphase und hielt Rumänien und Montenegro auf Distanz. Komplett chancenlos war Litauen, das punktelos in Liga D abstieg.

Liga D

Gruppensieger: Georgien, Weißrussland, Kosovo, Mazedonien

Eine klare Sache für Georgien war die Gruppe D1. Fünf Siege, ein Remis und satte zehn Punkte Vorsprung auf den Gruppenzweiten bedeuten den ungefährdeten Gruppensieg. Besonders kurios in dieser Gruppe ist, dass außer Georgien nur Kasachstan noch einen einzigen Sieg feiern konnte und gleich die Hälfte der Partien mit einem Unentschieden endeten. Lettland und Andorra holten keinen Sieg aber jeweils vier Remis. Weißrussland konnte beide Spiele gegen Luxemburg gewinnen und so die Kicker aus dem Fürstentum auf Distanz halten. Auch Moldawien präsentierte sich mit neun Punkten gut, der Gruppenletzte San Marino blieb hingegen als einziger aller 55 Teilnehmer ohne Punkt und ohne erzieltes Tor.

Auch der Kosovo holte sich souverän den Gruppensieg, obwohl die Gruppengegner Aserbaidschan, Färöer und Malta sicher zu den Stärkeren von Liga D gehörten. In Gruppe D4 gab sich Mazedonien keine Blöße und verwies Armenien mit fünf Punkten Polster auf den zweiten Gruppenplatz. Die Schlagzeilen gehörten jedoch Gibraltar, das auswärts in Armenien den ersten Pflichtspielsieg seiner Geschichte feierte und drei Tage später daheim gegen Liechtenstein gleich den nächsten folgen ließ. Für Liechtenstein gab es nur einen Sieg, die Kicker aus dem Fürstentum beendeten die Gruppe somit auf dem letzten Platz.

Fazit

Was ist also das Fazit zur Premiere der UEFA Nations League? Eines ist klar, der Stellenwert der Spiele war in der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung deutlich höher als der von Freundschaftsspielen. Natürlich, weil es einfach um etwas geht. Sei es jetzt die Setzliste für eine Auslosung oder die Chance auf ein EM-Ticket in der Hinterhand. Ob sich für ein Freundschaftsspiel von Österreich gegen Bosnien-Herzegowina Mitte November auch 37.000 Zuseher gefunden hätte, kann man durchaus bezweifeln.

Vor allem für schwächere Nationen bildet die Nations League durch ihre Ligeneinteilung die Möglichkeit gegen Teams auf Augenhöhe zu spielen und Erfolge zu feiern. Die Bilder, als die Spieler von Gibraltar sich nach ihrem ersten Sieg mit Tränen in den Armen lagen, werden keinen Fußballfan kalt gelassen haben. Und das ein Team aus dem Quartett Georgien, Weißrussland, Kosovo und Mazedonien fix an der EM 2020 teilnimmt ist für diese Länder natürlich eine sonst unmögliche Chance.

Natürlich gibt es auch noch einige Kinderkrankheiten. Alle 138 Gruppenspiele wurden in nicht mal drei Monaten durchgepeitscht, bis zum Final-Four bei dem sich die Sieger der Liga A den Titel ausspielen, dauert es jetzt hingegen über sieben Monate. Zudem sind die Spieltermine von September bis Ende November nicht gerade die fanfreundlichsten. Temperaturen um den Nullpunkt haben deutlich höhere Zuseherzahlen sicher verhindert.

Zu guter Letzt bleibt noch das komplizierte Prozedere um die Gruppensieger und EM-Startplätze. Theoretisch könnte es sogar vorkommen, dass im Play-Off von Liga A kein einziges Team spielt, das in der Gruppenphase in dieser Liga war. Da nämlich nur Mannschaften dieses Play-Off bestreiten, die sich bei der regulären EM-Qualifikation kein Ticket sichern konnten. 

Grundsätzlich kann man also festhalten, dass die Premiere der Nations League viele spannende Ergebnisse und Spiele zu bieten hatte und der Bewerb sicher Potential für die Zukunft hat. Um ihn allerdings dauerhaft erfolgreich zu machen, sind noch einige Anpassungen von Nöten.

 

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Matthias Riemer

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Matthias Riemer
(Redaktionsleitung/Frauenfußball)

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