Nationalteam

Österreich vs Finnland – Heimpremiere von Marcel Koller

Kontrahenten: ÖsterreichFinnland

Spieltag: 29. Februar 2012

Anpfiff: 20.30 Uhr MEZ

Spielort: Klagenfurt

Zuschauer: 10.200

Aufstellung Österreich: Almer; Garics, Schiemer, Dragovic, Suttner; Baumgartlinger, Alaba; Harnik, Ivanschitz, Arnautovic; Janko

Aufstellung Finnland: Hradecky; Arkivuo, Pasanen, Moisander, Raitala; Hetemaj, Sparv, Eremenko; Ring, Hämäläinen; Pukki

 

Endlich wieder ein Länderspiel

Dieser Partie haben wir entgegengefiebert wie schon lange keinem Spiel der österreichischen Nationalmannschaft mehr. Gleich vorweg: wir wollten ein spielerisch gutes Team sehen, das auch gewinnt. Und dafür dass wir nicht enttäuscht werden, sollten die Fähigkeiten unserer Fußballer sorgen. Gerade auf die Legionäre setzen wir im Moment sehr stark, da sich viele von ihnen in ihren Klubs großartig ins Rampenlicht geschossen haben. Pars pro toto wollen wir hier Marc Janko und Martin Harnik nennen, die ihre Torgefährlichkeit erst jüngst unter Beweis stellten. Und gerade die Harmlosigkeit im Angriff und die oftmals fehlenden Torerfolge unsere Nationalteams sollten damit der Vergangenheit angehören. In den letzten zehn Spielen schossen wir magere zwölf Tore, sieben davon gegen Lettland und Aserbaidschan. Aber auch in Trainer Marcel Koller erkennen wir jemanden, der den Gegner und dessen Spiel gut lesen und die eigene Mannschaft daher perfekt darauf einstellen kann.


Die erste Halbzeit

Vor der mageren Kulisse im ehemaligen EM-Stadion Klagenfurt stellte sich von Beginn weg ein sehr destruktiver Gegner den Österreichern entgegen. Das Spiel war dementsprechend auch ziemlich matt. Die Österreicher waren zwar bemüht und erkämpften sich viele Bälle, konnten mit den in den ersten 15 Minuten größeren Spielanteilen aber wenig anfangen. Sie zerstörten sich durch eine Menge Abspielfehler und andere technische Unzulänglichkeiten immer wieder die Vorwärtsbewegung – oftmals war schon 20 oder 25 Meter vor dem finnischen Tor Schluss oder die ein oder andere vereinzelte Flanke oder deren Versuch verfehlte ihre Abnehmer. Schön zu sehen war jedoch das Engagement und das hoch verteidigende Team.

Bedenklich stimmte in der Anfangsphase jedoch hie und da die Abwehr, die gerade bei schnellen Kontern anfällig wirkte. Dazu trug natürlich auch der pfeilschnelle, von Schalke 04 verpflichtete, Teemo Pukki bei, der einige Male mit seinen Antritten für Gefahr sorgen konnte.

Österreich schaltete das Tempo zurück und Finnland bekam mehr Platz für sein eigenes Spiel. Aber auch die Finnen konnten mangels Präzision im Spielaufbau kein Kapital daraus schlagen. Nach 25 Minuten waren die beiden Mannschaften jeweils zu 50% in Ballbesitz.


Stimmung im Stadion: beschämend

Das Publikum in Klagenfurt wurde durch das Spiel nicht mitgerissen, aber auch die Zuseher setzten wenig daran, die Spieler am Platz anzutreiben. Generell sollte man sich im ÖFB die Fragen stellen, wieviel Sinn es macht, in Klagenfurt überhaupt noch ein Länderspiel auszutragen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Klagenfurter Publikum das Team lieber auspfeift, als es durch tolle Stimmung nach vorne zu peitschen. Offensichtlich ist in diesem Stadion nur dann Stimmung zu erwarten, wenn dort ein Eishockeymatch zwischen dem KAC und dem VSV stattfindet. Für dieses jämmerliche Ambiente vergeben wir heute unsere erste Note: ein klares „nicht genügend“!

Es musste ein Freistoß von Marko Arnautovic aus 35 Metern her, um dem Publikum Gemütsregungen zu entlocken. Erste Pfiffe, weil er den Ball weit am Tor vorbeijagte. Beides muss nicht sein: weder der Schussversuch aus dieser Position, noch die Schmähungen durch das Publikum.


Die Linkslastigkeit des Flügelspiels

Festzustellen war, dass die linke Seite mit Suttner und Ivanschitz eingespielter und harmonischer wirkte als der rechte Flügel, auf dem zwischen Garics und Harnik immer wieder ein größeres Loch klaffte. Vermutlich auch deshalb, weil Garics sich lieber mit weiten Flanken versuchte, als den vor ihm spielenden Harnik in Szene zu setzen.

In der 27. Minute war es ein grauenhafter Fehlpass, der Dragovic beim Klären der Situation dazu zwang den schnellen Pukki auflaufen zu lassen. Er kassierte dafür Gelb und ein Freistoß war die Folge. Almer konnte diese bisher größte Chance im gesamten Spiel entschärfen. Kurz danach stand er gleich nochmals im Mittelpunkt. Mit einem gefährlichen Rückpass aus sehr kurzer Distanz brachte Garics seinen Tormann in arge Bedrängnis, der gerade noch vor dem heraneilenden Pukki retten konnte.


Ein Tor wie aus einem Konsolenspiel

Und dann war es soweit: wenn es mit dem Spielaufbau und passenden Zuspielen der eigenen Kameraden nicht klappt, dann lässt sich Marc Janko eben vom Gegner bedienen. Der finnische Tormann schoss unseren Goalgetter am 16er unbedrängt an und der Abpraller senkte sich in hohem Bogen unhaltbar ins Tor.

In Minute 34 kommt der Ball zu Garics, der aus guten 25 Metern abzieht. Ein wunderbarer Schuss, der sein Ziel um Haaresbreite verfehlt – vielleicht hätte noch ein Blatt Papier zwischen Querlatte und Spielgerät gepasst. Es ist nun auch erstmals so etwas wie positive Stimmung von den Rängen zu spüren.

In der Schlussphase dieser ersten Hälfte entwickeln die Österreicher nochmals Elan. Marko Arnautovic erkämpft sich den Ball in Strafraumnähe, tankt sich Richtung Torout durch und legt zurück auf Janko. Der schießt am 5er stehend einen Verteidiger an – kein Tor.

Von der ersten Hälfte bleibt also zu berichten, dass sich die Österreicher bemühten, es aber augenscheinlich nicht gelang, das Spiel zu gestalten. Das resultierte auch aus vielen Fehlpässen, die den geordneten Spielaufbau immer wieder störten.


Die zweite Halbzeit

Nach der Pause kam die österreichische Mannschaft an einer Position verändert auf’s Feld: Erwin Hoffer ersetzte den Torschützen Mark Janko. Der Wechsel war dem wichtigen Spiel Jankos FC Porto gegen Benfica Lissabon in der portugiesischen Liga kommenden Freitag geschuldet. Ansonsten änderte sich nichts am Spiel.


Das 2:0 aus dem Nichts

Aus der Ideenlosigkeit der Mannschaft heraus überkam es Julian Baumgartlinger, mit einem gefühlvollen Heber Martin Harnik einzusetzen. Der köpfte ohne Rücksicht auf seinen eigenen Kopf über den Torman hinweg das 2:0. Eine sehenswerte Kombination der beiden Legionäre aus der deutschen Bundesliga in Minute 54.


Junuzovic für Arnautovic

Marcel Koller versuchte in der 61. Minute mit folgendem Wechsel das Mittelfeld zu stärken. Arnautovic, der kaum Nennenswertes zu Wege gebracht hatte und leider oft lustlos wirkte, musste vom Platz; für ihn kam Zlatko Junuzovic, der sich bei seinem neuen Verein SV Werder Bremen in kürzester Zeit in die Stammelf gespielt hat. Dort ist er ja ebenso Teamkollege von Arnautovic. Dieser Wechsel hätte aus unserer Sicht auch gerne schon früher stattfinden dürfen.

Finnland zeigte in der zweiten Spielhälfte gar nichts und so gesehen ist die Führung auch als gerechtfertigt anzusehen. Man hat sogar das Gefühl, dass trotz mangelnder Präzision und fehlenden Spielwitzes, die Österreicher noch zu weiteren Torerfolgen kommen könnten. Junuzovic macht den Eindruck als möchte er Marcel Koller zeigen, dass er in die Stammelf gehört und versucht immer wieder seine Mitspieler einzusetzen.


Ein geschickt herausgespielter Elfmeter zum 3:0

In Minute 72 erhält Harnik den Ball von Junuzovic und läuft damit in den Strafraum der Finnen. Bei einem Gestocher und Gerangel an der Toroutlinie kommt er zu Fall und der italienische Schiedsrichter entscheidet auf Elfmeter. Diesen verwandelt Andreas Ivanschitz trocken zum 3:0.

Minute 77:  Julian Baumgartlinger wird durch Jürgen Säumel ersetzt. Franz Schiemer macht Manuel Ortlechner Platz.

Torhüter Robert Almer bekam seine Bewährungsprobe noch in der 82. Minute und konnte sich bei einem Weitschuss auch auszuzeichnen.

Weitere Wechsel in der 84. Minute, bei denen man sich dann auch durchaus die Frage stellen darf, ob sie dem Team etwas bringen oder ob Marcel Koller tatsächlich daraus noch Erkenntnisse gewinnen kann. Jedenfalls geht Ivanschitz vom Platz, für ihn kommt Guido Burgstaller. Yasin Pehlivan beerbt David Alaba.

Ein paar turbulente Szenen mit Schüssen und Schussversuchen, weil abgeblockt von der finnischen Verteidigung namens Petri Pasanen, entstehen aus einem Eckball von Junuzovic.

Finnland war also nur ein paar Mal in der ersten Halbzeit gefährlich und wurde es jetzt noch mal gegen Ende des Spiels. Die österreichische Mannschaft begann in ihrer Verteidigungsarbeit nachlässig zu werden. Deshalb musste Markus Suttner in der 86. Minute mit dem Kopf auf der Linie klären. Das, nachdem Almer einen hohen Ball am 5er nicht festhalten konnte – die T-Frage bleibt aus unserer Sicht nach wie vor zu klären. Oft unterbeschäftigt hatte Robert Almer zwei gute Szenen und diese, die dafür fast zum Tor führte.


Der übliche Last-Minute-Gegentreffer

In Minute 89 fiel der Gegentreffer aber dennoch. Vermeidbar, da auch in einem Freundschaftsspiel die Konzentration bis zum Schlusspfiff aufrecht erhalten werden sollte. Und das dürfen wir uns alle von diesen Spielern erwarten – gerade wenn man auf die vielen Last-Minute-Treffer zurückblickt, die Österreich in der jüngsten Vergangenheit erhalten hat! In den allerletzten Minuten entwickelte sich noch der ein oder andere halbherzige Angriff Richtung finnisches Tor und ein Torschuss und dann der Abpfiff in der 93. Minute.


Fazit

Naja: wir haben gewonnen! Wenig glanzvoll, aber nach den teilweise bitteren Enttäuschungen der letzten Spiele, in denen man oft hören musste, wir haben gut gespielt, waren das bessere Team oder zumindest auf Augenhöhe, tut auch solch ein Sieg richtig gut. Zumindest besteht nun auch nicht die Gefahr der Abgehobenheit, des Glaubens unsere Nationalmannschaft wurde von gestern auf heute zum neuen Wunderteam. So gesehen hat der Ehrentreffer der Finnen dem österreichischen Team mehr geholfen als geschadet.

Die Tormannfrage scheint für Marcel Koller mit Robert Almer bis auf weiteres geklärt, vor allem dann, wenn sich kein anderer durch konstante Leistungen aufdrängt. Dennoch sollte er aus unserer Sicht durchaus auch einmal auf Ramazan Özcan zurückgreifen, selbst wenn es nur eine Halbzeit wäre.

In der Innenverteidigung gefiel Aleksandar Dragovic sehr gut. Mit dem verletzten Emanuel Pogatetz ein sicher starkes Gespann. György Garics bot eine solide Leistung, war aber auch nicht herausragend, vor allem das Zusammenspiel mit Martin Harnik funktionierte nicht einwandfrei. Markus Suttner auf der linken Seite bot bei seinem Debut eine sehr ansprechende Leistung. Als Ersatzmann für den verletzten Christian Fuchs ist er definitiv eine Option. Marko Arnautovic war der eindeutig schwächste am Platz. Es hätte dem Spiel sicher nicht geschadet, wenn er dem ambitionierten und willigen Zlatko Junuzovic früher hätte Platz machen müssen.

Auf Marcel Koller kommt noch einiges an Arbeit zu. Fraglich nur, wann er die verrichten soll. Die Qualifikation zur Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2014 startet zwar erst im September, dann gleich gegen Deutschland, aber davor gibt es nur mehr ein Testspiel im Juni – gegen die Ukraine. Jetzt also drei Monate keine Möglichkeit, dass die Teamspieler zueinanderfinden, sich aufeinander einspielen. Und nach diesem Test wieder drei Monate bis zum schwierigen Heimspiel gegen Deutschland.

Glück auf!


Unsere Topspieler des Abends

1. David Alaba (19 Jahre – 17 Länderspiele, das sagt schon vieles. Laufstark, mit viel Übersicht und Abgebrühtheit)
2. Aleksandar Dragovic (souveräne und kompromisslose Arbeit in der Innenverteidigung, tlw. gute Spieleröffnungen)
3. Zlatko Junuzovic (trotz (zu) kurzem Einsatz ein mehr als belebendes und engagiertes Element im Offensivspiel)


Die Verlierer des Abends

1. Der Austragungsort Klagenfurt und das dortige, extrem lustlose Publikum
2. Der ORF mit einem schwachen Analytiker Prohaska und dem Leistungsmiesmacher Pariasek
3. Marko Arnautovic, der an diesem Abend für Markus Rosenberg gespielt hat (Thomas Schaaf wird’s gesehen haben) 

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