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Daniel Maderner im Interview: Kein Spiel in dieser Liga ist eine „Gmahde Wiesn“

Seit Sommer 2021 geht der ehemalige U21-Teamspieler [spielerprofil spieler=“Daniel Maderner“] in der belgischen zweiten Liga für Waasland-Beveren auf Torjagd und steckt mit dem Verein im Aufstiegskampf. Mit uns plaudert der 26-jährige Stürmer über seine Zeit in Altach, erklärt, wie es zum Wechsel nach Belgien kam und verrät, welcher Karriereschritt für ihn der absolute Traum wäre.

Titelbild-Credits: Waasland-Beveren

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12terMann.at: Daniel, vielen lieben Dank, dass du dir für ein Interview mit uns Zeit nimmst.

Sehr gerne.

Vorab einmal: Herzliche Gratulation zum Tor des Jahres 2021 in Vorarlberg. So einen Treffer erzielt ein Fußballer auch nicht alle Tage. Hast du damals gesehen, dass der Tormann zu weit aus dem Tor stand oder war es eine Aktion des Bauchgefühls?

Vielen Dank erstmal! Ganz ehrlich, ich habe nicht gesehen, wo der Tormann stand. Es war für uns als Team eine schwierige Situation, wir standen quasi mit dem Rücken zur Wand und waren gegen St. Pölten mit 0:2 im Rückstand. In der Abschlusssituation war dann von meiner Seite auch ein bisschen Wut dabei, dann ist der Ball nach meiner Annahme einmal aufgekommen, ich habe direkt abgezogen und der Schuss schlug tatsächlich im gegnerischen Kasten ein.

Das war auch der Gamechanger in der Partie, die wir schlussendlich noch zu einem Sieg drehen konnten. Gleichzeitig war uns bewusst, dass das wohl den Verbleib in der Bundesliga gesichert hat. So einen Treffer nimmt man als Spieler natürlich gerne mit!

Lass uns zu Beginn des Interviews gleich mal auf deine Zeit beim SCR Altach zu sprechen kommen. Du hast nach deinem Wechsel in die Bundesliga im Sommer 2021 in einem Interview mit laola1.at gemeint, dass du dich nun endgültig in der ersten österreichischen Bundesliga beweisen willst. Der Knopf ist bei dir in Altach allerdings erst gegen Ende der letzten Spielzeit aufgegangen. Wie würdest du deine Zeit im Nachhinein in Vorarlberg betrachten?

Ich habe von Beginn an von Seiten des Vereins und von Seiten der Trainer viel Vertrauen entgegengebracht bekommen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich für die Umstellung von der zweiten Liga auf die erste Liga tatsächlich etwas gebraucht habe. Ich habe gemerkt, dass ich mich erst wieder an die höhere Intensität, das Spielgeschwindigkeit gewöhnen musste.

Zudem war es als Mannschaft insgesamt eine wahnsinnig schwierige Saison, wir sind selten zu Chancen gekommen, die spielerischen Leistungen ließen zu wünschen übrig. Das hat sich dann Gott sei Dank zum Ende der Saison gebessert, wir waren deutlich besser eingespielt und schlussendlich ging es auch bei mir aufwärts.

Im Großen und Ganzen war es für mich und meine Partnerin eine wunderbare Zeit. Wir haben uns in Vorarlberg äußerst wohl gefühlt. Es war privat und sportlich sehr bereichernd und ich konnte viel für mich mitnehmen.

Dennoch bist du nach nur einer Saison bereits weitergezogen und hast in der zweiten belgischen Liga bei Waasland-Beveren einen Zweijahresvertrag unterzeichnet. Die zweite belgische Liga hat man in Österreich nicht wirklich am Radar. Was hat für dich für den Wechsel gesprochen?

Einerseits war es das „Abenteuer“ Ausland, das mich schon immer gereizt hat. Dann kam hinzu, dass mir Waasland-Beveren mit dem Projekt „Aufstieg“ eine interessante Option geboten hat. Und auch der Vorteil eines deutschsprachigen Sportdirektors und Trainers, gerade bei meiner ersten Station im Ausland, war ein Pluspunkt.

Der primäre Grund für mich war allerdings, dass Belgien in der FIFA-Weltrangliste auf dem ersten Platz liegt. Sollte der Aufstieg mit Beveren gelingen, würde ich somit in jenem Land in der höchsten Liga spielen, das derzeit im Weltfußball an der Spitze liegt.

Und dazu kommt noch, auch wenn es traurig ist, dass du als Spieler in Belgien, im Vergleich zu Österreich, tatsächlich mehr in der Auslage bist. Das ändert sich jetzt zwar durch u.a. die Leistungen der Salzburger und ich hoffe, dass dies langfristige Auswirkungen auf den Ruf der österreichischen Liga hat.

Nach deinem Abgang hat sich die Situation in Altach alles andere als gebessert. Der Verein steht aktuell am Tabellenende, zehn Treffer in 20 Partien stehen nicht gerade für eine starke Offensive. Verfolgst du deinen ehemaligen Verein noch?

Ich verfolge eigentlich alle meine Vereine weiterhin, habe nach wie vor emotionale Bindungen an die einzelnen Stationen. Jede einzelne Station hat mich geprägt und mich schlussendlich dorthin gebracht, wo ich heute bin.

In Altach war womöglich zu Beginn der Saison das Problem gegeben, dass das Team sehr auf junge Kräfte gesetzt hat. Das war aus meiner Sicht allerdings durchaus der richtige Weg. Vielleicht hat dabei jedoch die Routine etwas gefehlt und zusätzlich greifen möglicherweise einige Mechanismen nicht richtig ineinander.

Gegen die Admira kommt es für Altach jetzt am Wochenende zu einem sehr wichtigen Spiel aber durch die Punkteteilung in der Liga hat man – auch bei einer etwaigen Niederlage- weiterhin alle Chancen auf den Klassenerhalt.

Ich wünsche ihnen auf jeden Fall alles Gute! Altach gehört für mich mit der Infrastruktur auf jeden Fall in die erste Liga! Das Stadion, der Campus, die Jugendarbeit. Altach hat sich enorm entwickelt, ein Abstieg wäre äußerst schade!

Noch dazu könnte in der kommenden Saison ein Vorarlberger Derby in der ersten Liga warten. Noch ein Punkt mehr, um auf einen Klassenerhalt von Altach zu hoffen.

Das wäre natürlich der Hammer für die Region.

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In Belgien bist du von Beginn weg in der Startelf gestanden, hast in den ersten neun Spielen sechs Treffer erzielt. Mittlerweile hältst du bei neun Treffern und zwei Assists in 20 Einsätzen. Deine Eingewöhnungsphase hat offensichtlich nicht lange gedauert.

Ich hatte eigentlich ein wahrlich traumhaftes Debüt. Wir waren im ersten Saisonspiel bis kurz vor dem Ende im Rückstand, ich habe dann mit zwei Treffern, darunter einem in der achten Minute der Nachspielzeit, die Partie noch zu unseren Gunsten gedreht. Das ist natürlich, gerade wenn man in ein neues Land kommt, ein absoluter Traum.

Das offensive Spielsystem kommt mir zugute. Der Trainer will, dass ich permanent nah am Tor bin und wir durch unser ausgeübtes Pressing möglichst weit vorne den Ball gewinnen. Wir haben knapp 40 Tore geschossen. Gleichzeitig haben wir mit unserem Spielsystem durchaus auch Probleme. Denn in der Liga gibt es die ein oder andere Mannschaft, die nicht daran interessiert ist, Fußball zu spielen und stattdessen Kick&Rush produziert. Die sind mit ihren weiten Abschlägen dann des Öfteren hinter unsere letzte Kette gekommen und haben uns dadurch ausgehebelt.

Wir sorgten zwar permanent für Tore, haben allerdings leider auch gar nicht so wenig Gegentreffer und dadurch auch vermeidbar Niederlagen kassiert. Wäre dies nicht passiert, dann wäre es jetzt im Kampf um den Aufstieg wohl nicht so eng.

Du hast es eben angesprochen, der Kampf um den Aufstieg bzw. den Playoff-Platz ist wirklich sehr eng. Nach einer langen Zeit unter den Top-2 seid ihr ob zweier Niederlagen am Stück vor Kurzem auf den dritten Platz zurückgerutscht, konntet nun aber am vergangenen Wochenende einen direkten Gegner im Kampf um den Aufstieg besiegen. Wie siehst du die Chancen, dass der prompte Wiederaufstieg gelingt? (mittlerweile wurde am 25.02. das Spiel gegen den Spitzenreiter K.V.C Westerlo mit 1:2 verloren)

Die ersten beiden Spiele im Jahr 2022 waren eigentlich sehr gut (4:0-Sieg gegen Virton und 2:1-Sieg über Westerlo), da habe ich mir gedacht, dass wir uns absetzen und wohl aufsteigen können. Darauf folgten zwei Spiele, in denen wir nicht unsere beste Leistung abrufen konnten und die dadurch verloren gingen. Gegen RWD Molenbeek (Tabellenplatz 2) feierten wir zuletzt allerdings wieder einen vollen Erfolg. Ich glaube, dass die Chancen, zumindest den Playoff-Platz zu erreichen, nach wie vor intakt sind.

Generell ist es jedoch in einer Liga, in der nur acht Vereine spielen, nicht einfach. Du darfst dir in Wirklichkeit keinen einzigen Ausrutscher leisten, kein Spiel in dieser Liga ist – wie man auf gut Deutsch sagt – eine „Gmahde Wiesn“. Und du musst im Speziellen immer bereit sein, körperlich alles zu geben, da eine sehr körperbetonte Spielweise vorherrscht.

Das heißt, du musst ordentlich dagegenhalten.

Keine Sorge, wer mich kennt, der weiß, dass ich das mache!

Ein belgisches Medium hat dich in den letzten Wochen mit dem Topscorer von Waasland-Beveren aus der Vorsaison verglichen. Michael Frey erzielte starke 17 Treffer in der letzten Spielzeit. Übt so ein Vergleich Druck auf dich auf?

Ganz ehrlich, das übt auf mich überhaupt keinen Druck aus. Würde er noch mit mir in einer Mannschaft spielen, dann wäre es wohl anders, denn dann wäre er mein direkter Konkurrent. Was Michael Frey vor einem Jahr geleistet hat, das war auf jeden Fall mehr als ausgezeichnet. Ich kenne ihn auch persönlich, er ist ein super Typ, eine richtige Maschine auf dem Platz.

Für mich ist die Leistung viel mehr eine Motivation, dass ich ebenso möglichst viele Treffer erziele und so der Mannschaft helfen kann.

Mit Raphael Holzhauser durfte ich vor etwa einem Jahr ein Interview führen, er hat mir ein wenig über die belgische erste Liga erzählt. Wie würdest du den Spielstil in der zweiten Liga charakterisieren? Was unterscheidet den belgischen Kick vom heimischen Fußball? Ein bisschen was hast du uns ja zuvor schon verraten.

Wie ich schon zuvor gesagt habe, geht es hier auf jeden Fall im körperlichen Bereich härter zur Sache. Ich kann sogar eine recht nette Anekdote erzählen: Vor einem Meisterschaftsspiel in Österreich ist mal ein Schiedsrichter zu unserem Co-Trainer gegangen und hat gemeint, dass man gefälligst auf den Maderner aufpassen soll, da er immer so unfair und rabiat spiele. So quasi, sagt ihm, es soll sich ein bisschen zusammenreißen. Damals habe ich mich schon gefragt, wo ich da gelandet bin. Wenn ich in einen normalen Zweikampf gehen und dort mit meinem Körper überlegen bin, dann sollte das aus meiner Sicht doch bitte kein Nachteil sein.

In Belgien ist ein intensiverer Körperkontakt beim Fußball allerdings normal und mir sagt das tatsächlich extrem zu. Bei einem Rempler wird hier zumeist weitergespielt, so eine Aktion wird äußerst selten gepfiffen.

Solange es faire Härte ist, gehört auch aus meiner Sicht ein intensiv geführter Zweikampf zum Fußball dazu.

Absolut richtig!

Mit Dominik Thalhammer ist neben dir und Raphael Holzhauser ein weiterer Österreicher aktuell in Belgien beschäftigt. Ist sich mit einem der beiden bereits ein Treffen ausgegangen, Raphael Holzhauser ist ja quasi ein geographischer Nachbar von dir.

Ja, mit Raphael war ich das ein oder andere Mal gemeinsam etwas Essen. Wir sind eigentlich immer wieder mal in Kontakt. Sportlich läuft es leider für ihn aktuell ja leider gar nicht gut.

Mit Dominik Thalhammer ist sich bis dato noch kein Treffen ausgegangen, ich verfolge aber selbstverständlich seine Spiele. Und die Leistungen sprechen eine deutliche Sprache. Respekt, was er dort leistet.

Die Situation von Raphael Holzhauser ist aus sportlicher Sicht tatsächlich nicht berauschend. Interessant, welche Achterbahnfahrt der Verein in den letzten Jahren miterleben musste.

Aus sportlicher Sicht tut mir Raphael wirklich leid. Ich weiß nur, dass der Verein im Sommer zwei, drei wichtige Spieler verkauft hat und diese Abgänge nicht wirklich nachbesetzten konnte. Dass es sich nach einer solch starken Saison im Vorjahr so entwickelt, das ist natürlich schade.

Im zuvor genannten Interview mit laola1.at im Jahr 2020 hat man gemerkt, dass du deine Karriere gemeinsam mit deinem Berater step-by-step durchgeplant hast. Von der Bundesliga zurück in die RL, um dort Spielpraxis zu bekommen, dann der Zwischenschritt in die zweite Liga, weiter zum SCR Altach und nun der erste Schritt ins Ausland, abermals in die zweite Liga. Wohin soll dich dein Weg noch führen?

Mein absolutes Traumziel ist England, wenn irgendwie möglich, die Premier League. Die Liga ist für mich seit Beginn meiner Karriere das Maß aller Dinge. Dazu kommt das Land und die Begeisterungsfähigkeit der Einwohner für den Fußball, ähnlich wie hier in Belgien. Man ist hier und dort einfach, wie soll ich sagen, „fußballdeppat“.

Ich glaube, man erfährt als Fußballer in England auch tatsächlich eine andere Wertschätzung von Seiten der Bevölkerung. Das ist mit Österreich, aus meiner Sicht, nicht zu vergleichen.

Ich sehe es recht ähnlich wie du. Die Wertschätzung in Belgien ist schon einmal ganz anders als in Österreich. Versteh mich nicht falsch, es ist ja nicht so, dass wir als Fußballer etwas Außergewöhnliches leisten. Aber wenn du teilweise von Fans nicht mal akzeptiert wirst, wenn du 90 Minuten einfach alles in die Partie geworfen hast, auch wenn du am Ende verloren hast, dann ist das doch auch irgendwie komisch.

Da bin ich voll auf deiner Seite! Daniel, das war es von unserer Seite. Vielen herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für die kommenden Wochen.

 

Das Interview wurde am 23. Februar 2022 geführt

Christian Semmelrock

 

Christian SEMMELROCK
(Redaktion / Charity)

Bei 12terMann seit: 11/2013

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