Italien

Interview mit Robert Gucher

Wie man sich als Nicht-Italiener in Italien durchsetzt

Contents

Das heißt als junger Nicht-Italiener hat man es wahrscheinlich noch schwerer, es haben sich ja auch schon einige österreichische Kicker in Italien versucht, nicht alle haben den Durchbruch geschafft. Dein Freund Dieter Elsneg, der mit dir gemeinsam beim GAK gespielt hat, kickt wieder in Österreich, auch bei Lukas Spendlhofer ging die Reise zurück in die Heimat. Wie groß ist die Überwindung bzw. der Aufwand, dass man sich als junger Legionär der Herausforderung stellt und schlussendlich den Sprung nach ganz oben schafft?

Geduld ist ein wichtiger Faktor, du darfst nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, denn zurückkommen kannst du immer. Ich kann jetzt natürlich leicht reden, denn zur Zeit ist alles schön, doch ich hatte auch schon deutlich schlechtere Zeiten, wo ich mich gefragt habe, warum ich mir das eigentlich antue. Ich bin aber froh, dass ich nicht aufgeben habe und mich nicht unterkriegen hab lassen und jetzt kommt das Ganze zurück.

Prinzipiell hast du es als Nicht-Italiener nicht einfach, du musst mindestens eine Klasse besser sein als der einheimische Kicker. Das ist bei uns in Österreich nicht anders – wenn du einen Trainer hast, der sehr viel Wert auf Taktik legt und du kannst als auswärtiger Spieler die Spache nicht, dann wird immer der Spieler am Feld stehen, der die Angaben versteht, auch wenn er vielleicht eine Klasse schlechter ist.

 

Geduld ist ein wichtiger Faktor, du darfst nicht gleich die Flinte ins Korn werfen,..

 

Du hast vor Kurzem einmal in einem Interview erwähnt, dass das Durchschnittsalter des Serie-A-Debütanten bei über 25 Jahren liegt, das heißt du bist da als 24-jähriger Kapitän schon eine Ausnahmeerscheinung.

Das mit dem Durschschnittsalter stimmt so tatsächlich, doch um dem entgegenzuwirken gibt es mittlerweile auf Sky in Italien einmal wöchentlich ein Programm, das die besten 15-17-jährigen Talente des Landes pushed. Ich selbst bin mit 24 Jahren nicht mehr der jüngste, aber aus italienischer Sicht bin ich noch immer jung. Natürlich gibt es immer wieder mal die Ausnahme, dass ein junger Kicker den Durchbruch schafft. Als ich noch beim FC Genua unter Vertrag gestanden bin, da stand ich im Kader der ersten Mannschat und Stephan El Shaarawy hat in der zweiten Mannschaft trainiert. Er ist dann einfach gepushed worden, durch das gute Verhältnis zwischen dem AC Milan und Genua kam ein Wechsel zustande und in Mailand wurde er zum richtigen Zeitpunkt einfach ins kalte Wasser geworfen und hat bald einen Doppelpack geschnürt – so hat sich das Rad langsam zu drehen begonnen. Das sind aber Ausnahmefälle in Italien – großteils sieht es so aus, dass du als 22 oder 23-jähriger von einem Großclub gekauft wirst und dann in die Serie B oder C verliehen wirst.

 

Gucher-Robert_Interview_Blitz

Du wurdest nach dieser Saison als bester Mittelfeldspieler der Serie B ausgezeichnet. Ein Ansporn, um in der Serie A gleich wieder voll anzugreifen und die letztjährigen Leistungen nochmals zu toppen oder eher ein zusätzlicher Druck, da die Leistung bestätigt werden muss?

Da ist natürlich die positive Motivation, dass du von den Trainern der Serie B als bester Mittelfeldspieler ausgezeichnet worden bist und du somit in deiner Arbeit bestätigt wirst. Und zweitens ist es ein Anreiz, dass du dir sagst, wenn ich schon als einer der besten Kicker der Serie B gesehen werde, dann kann ich beziehungsweise will ich auch in der Serie A bestehen.

 

Dein Vertrag bei Frosinone Calcio läuft noch bis 2017 – was sind deine nächsten Karriereziele bzw. anders gefragt, hat es bereits Anfragen von größeren Klubs gegeben?

Im Hintergrund tut sich naturgemäß immer ein bisschen etwas, das ist klar – aber die heiße Phase im Juli und August kommt erst. Frosinone will mich überhaupt nicht ziehen lassen und ich muss auch nicht wirklich weg, es gibt tatsächlich schlimmere Situationen als Fußballer (lacht). Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass etwas passiert, anhören tut man sich alles. Es gäbe ja auch die Möglichkeit, dass ich von einem Verein verpflichtet werde, der mich dann noch ein Jahr in Frosinone parkt. Sollte ein gutes Angebot eingelangen, dann sind sowohl der Verein als auch ich für alle Optionen offen. Mein Ziel ist es aber primär, dass ich in der nächsten Saison in der Serie A so viel Spiele wie nur möglich absolviere und diese wenn möglich auch aus meiner Sicht positiv gestalte, um mich gut präsentieren zu können.

 

Jeder Kicker hat naturgemäß ein großes Vorbild, an dem er sich orientiert – verrätst du uns deines?

Ganz kurz und bündig – Andrea Pirlo.

Christian Semmelrock

 

Christian SEMMELROCK
(Redaktion / Charity)

Bei 12terMann seit: 11/2013

M: christian.semmelrock@12terMann.at

Schreibe einen Kommentar