Deutschland

Interview mit Stefan Kulovits

„Es war immer eine Ehre für mich, die Nationalfarben zu tragen“

Wenn man im Wörterbuch unter „Vereinstreue“ nachschlagen könnte, wäre ziemlich sicher ein Bild von Stefan Kulovits daneben. Nach seinen Jugendstationen beim SC Red Star Penzing streifte er 17 Jahre lang das Trikot von Rapid Wien über, wo er es über die Akademie und die Amateure in die Kampfmannschaft der Hütteldorfer schaffte. Seit Sommer 2013 hat er seine Zelte in Baden-Württemberg beim SV Sandhausen aufgeschlagen, wo er inzwischen zum Kapitän aufgestiegen ist.

Mit dem Namen Stefan Kulovits verbindet man sofort einen Verein: Rapid Wien. Du warst fast 17 Jahre ein Hütteldorfer und hast viele aufregende Spiele erlebt. Welche sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Stefan Kulovits: So wie es wohl jedem Fußballer geht: Das erste Spiel bleibt natürlich in besonderer Erinnerung. Vor allem wenn man gleich mit einem Sieg sein Profi-Debüt feiert. Ansonsten natürlich die zwei Spiele, die uns 2005 und 2008 den Meistertitel gebracht haben. Und besonders waren auch die Europa League-Spiele, allen voran der 3:0-Sieg gegen den Hamburger SV.

 

Der Kontakt zu Rapid ist nie abgebrochen

 

Bist du im Herzen immer noch grün-weiss? Wenn man sich an deinen emotionalen Abschied aus dem Hanappi-Stadion erinnert läuft vielen noch die Gänsehaut über den Rücken. Wie intensiv verfolgst du die Bundesliga noch?

Wenn man 17 Jahre mit einem Verein verbunden war, wird sich das im Leben nicht mehr ändern. Der Kontakt zu Rapid ist nie abgebrochen. Ich freue mich schon auf den Rückrunden-Start am nächsten Wochenende.

 

Was sagst du zum neuen Allianz-Stadion, das gerade gebaut wird. Freust du dich schon auf deinen ersten Besuch dort?

Ich betrachte das Ganze mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Mit einem weinenden, weil ich viele schöne Erinnerungen an das St. Hanappi habe. Andererseits war es natürlich schon renovierungsbedürftig. Und ich denke, es ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft von Rapid.

 

In Sandhausen kann man in Ruhe arbeiten und sich aufs Wesentliche konzentrieren

 

Aktuell spielst du beim SV Sandhausen. Wie ist es zu dem Wechsel nach Baden-Württemberg gekommen?

Nach der Trennung von Rapid war für mich klar, dass ich ins Ausland gehe, und ich wollte die Herausforderung in der 2. deutschen Liga suchen, die ich immer schon verfolgt habe.

 

Der SV Sandhausen ist in Österreich nur den Wenigsten bekannt. Beschreib deinen neuen Verein bitte etwas für uns.

Der SV Sandhausen befindet sich erst in der dritten Profi-Saison. Ich hoffe, dass das so bleibt in den nächsten Jahren und die Infrastruktur noch weiter angepasst wird. Aufgrund unseres Klassenerhalts im letzten Jahr gab es schon große Fortschritte. Aber ich denke, dass das Umfeld langsam mitwachsen sollte. Ansonsten ist Sandhausen eine 15.000 Einwohner-Gemeinde, in der man in Ruhe arbeiten und sich aufs Wesentliche konzentrieren kann. Die großen Städte Heidelberg und Mannheim liegen gleich um die Ecke.

 

Das Hardtwaldstadion ist nicht gerade als Hexenkessel bekannt. War das für dich nach der langen Zeit in St. Hanappi ein „Kulturschock“?

Von der Fanpräsenz her betrachtet war es eine große Umstellung. Die Fankultur in Sandhausen muss erst noch richtig wachsen. In der nahen und ferneren Umgebung gibt es viele Erst- und Zweitliga-Klubs mit wirklich sehr großer Tradition im Profi-Fußball.

 

Du hast dich bei deinem neuen Verein offensichtlich gut eingefügt. Schon in deiner ersten Saison hast du das Team als Kapitän aufs Feld geführt. Warum glaubst du wurdest du für dieses Amt bestimmt?

Es war schon überraschend für mich, dass ich nach so kurzer Zeit für das Amt bestimmt wurde. Nach dem sportlichen Abstieg 2013 (Anm. d. Red.: Der SV Sandhausen beendete die Saison auf einem Abstiegsplatz, blieb jedoch in der Liga, da dem MSV Duisburg die Lizenz verweigert wurde) suchte der SVS Spieler mit Erfahrung und Führungsqualitäten. Ich denke, dass ich das über mehrere Jahre bei Rapid bewiesen habe.

 

Deinem Spitznamen „Kampfgelse“ machst du auch in Deutschland alle Ehre. Wie beschreibst du deine Art zu spielen?

Es ist bekannt, dass ich nicht gerade der große Techniker bin. Aber jeder bringt seine Vorzüge mit. Und ich bin ein Spieler, der mannschaftsdienlich spielt und versucht, andere durch seinen Kampfgeist mitzunehmen.

Mit René Gartler und Marco Knaller gibt es noch zwei weitere „Ösis“ in Sandhausen. Sind das Mitspieler wie alle anderen oder verbindet euch mehr?

Mit René habe ich schon einige Jahre bei Rapid verbracht – das verbindet natürlich. Unsere Frauen verstehen sich super und die Kinder sind gemeinsam im Kindergarten. Marco war mir natürlich ein Begriff, aber ich habe ihn erst hier kennengelernt.

 

Das Nationalteam hat sich in letzter Zeit prächtig entwickelt. Was meinst du, können sich die Österreichischen Fans in Frankreich schon nach Quartieren für Sommer 2016 umsehen?

Das Nationalteam hat den Grundstein mit Heimsiegen gegen Mitfavoriten gelegt. Aber man muss auch 2015 die Leistung aus dem vergangenen Jahr bestätigen, um sich zu qualifizieren. Die Entwicklung unter Marcel Koller zeigt steil nach oben.

 

Ob erfolgreich oder weniger erfolgreich, es war immer eine Ehre für mich, die Nationalfarben zu tragen

 

Du selbst hast ja auch einige Male das Teamtrikot getragen. Ist da auch etwas Wehmut dabei, wenn du daran denkst dass eine Teamkarriere gerade in eine Zeit gefallen ist als Österreich am Tiefpunkt war?

Ob erfolgreich oder weniger erfolgreich, es war immer eine Ehre für mich, die Nationalfarben zu tragen. Natürlich spielt man lieber in einem erfolgreichen Team, aber es macht mich stolz, dass sich der Kern der damaligen Mannschaft bis heute so entwickelt hat.

 

Wie schaut deine weitere fußballerische Zukunft aus? Welche Ziele hast du dir noch gesteckt?

Ich möchte so lange wie möglich das Profi-Leben genießen, da es für mich keinen besseren Job gibt. Wenn ich merke, dass es körperlich nicht mehr passt, weiß ich auch, was ich zu tun habe. Ich habe im Sommer die B-Lizenz zur Trainerausbildung abgeschlossen. Ich bin noch nicht auf irgendetwas fixiert, aber ich möchte dem Fußball treu bleiben.

 

Kommen wir langsam zum Ende unseres Gespräches, willst du den Fans in Österreich zum Abschluss noch etwas mitteilen?

Ich hoffe, dass ich mit meinen Antworten keine allzu großen Wünsche offen gelassen habe. Aber wer sich selbst mal ein Bild machen will, ich freue mich über jeden Besuch aus Österreich. Heidelberg ist übrigens auf jeden Fall eine Reise wert.

 

Vielen Dank noch mal für das Interview Stefan, 12terMann.at wünscht dir und deinem Verein viel Erfolg.

 

Das Interview führte Matthias Riemer (Redakteur 2.DFL)

Immer über das ÖFB-Nationalteam und unsere Legionäre in Deutschland und Resteuropa informiert sein:

12terMann WhatsApp-Broadcast

Du folgst 12terMann auf Facebook, bekommst aber nicht alle aktuellen Benachrichtigungen? Klick Hier!

(Matthias Riemer)

Matthias Riemer

?????????????

Matthias Riemer
(Redaktionsleitung/Frauenfußball)

Bei 12terMann seit: 12/2013

M: matthias.riemer@12termann.at

Schreibe einen Kommentar