Rest der Welt

Marcel Ritzmaiers Rolle beim SC Cambuur-Leeuwarden

Unter dem Radar von Werner Gregoritsch.

Das U21-Team des ÖFB sorgte in letzter Zeit für die eine oder andere negative Schlagzeile. Da gab es zum einen die 1:3-Heimniederlage in der EM-Qualifikation gegen Albanien und andererseits die Suspendierung von sechs Spielern, die davor das Teamcamp unerlaubt verlassen hatten. Das brachte auch Diskussionen um die pädagogischen Fähigkeiten von Werner Gregoritsch mit sich. Der U21-Teamchef steht vor allem bei den Fans schon lange in der Kritik, auch wegen seiner Einberufungspolitik. So verzichtete Gregoritsch in den letzten Spielen auf Marcel Ritzmaier, der jedoch ein äußerst interessanter Spieler ist. Eine Analyse von Alexander Semeliker.

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Ritzmaier wurde beim FC Kärnten – später SK Austria Kärnten – ausgebildet und wechselte im Winter 2009/2010 in die Niederlande zur PSV Eindhoven. Dort kickte er zunächst bei der zweiten Mannschaft und wechselte nach elf Einsätzen für die Profis im vergangenen Sommer auf Leihbasis zum SC Cambuur-Leeuwarden. Bei den Gelbblauen ist der 20-Jährige eine wichtige Stütze und hat einen gewichtigen Anteil daran, dass der Aufsteiger im Mittelfeld der Tabelle rangiert.

Das System des SC Cambuur

Trainer Dwight Lodeweges setzt auf ein klassisch niederländisches 4-3-3-System. Im Sturmzentrum gibt es wahlweise mit Michiel Hemmen oder Martijn Barto einen typischen, statischen Mittelstürmer alter Schule als Optionen. Als Außenstürmer agieren zwei dynamische Dribbler, die von Topklubs ausgeliehen sind: rechts Jody Lukoki von Ajax und links der im Winter von Feyernoord gekommene Elvis Manu. Gerade Letzterer zeigte in den vergangenen Wochen auf, erzielte in zehn Spielen fünf Tore und bereitete zwei weitere vor.

Das Dreiermittelfeld wird von zwei Box-to-Box-Achtern und einem defensiver orientierten Sechser gebildet. Letzteren Part übernimmt Mohamed El Makrini; kein klassischer Wadenbeißer, sondern eher ein Stratege, der sich intelligent bewegt und zu den ballsichersten Akteuren seines Teams zählt. In der Abwehr gibt es mit Kapitän Ramon Leeuwin – ein eher schlaksiger Typ – und Martijn van der Laan, der am Ball stark ist und auch oft dribbelt, ein ungleiches, sich ergänzendes Innenverteidigerpaar. Die beiden Außenverteidiger sind verglichen mit der herkömmlichen niederländischen Schule eher konservativ ausgerichtet.

Zieht man das Standing des SC Cambuur in der Eredivisie heran, ist die Spielweise ist überraschend ballbesitzorientiert ausgelegt. Dennoch wäre es übertrieben, die Offensive als Stärke des Teams auszumachen. In 28 Spielen traf man nur 33 Mal – der niedrigste Wert der Liga. Vielmehr ist das engagierte und mutige Auftreten, das Cambuur sympathisch macht und auch dafür sorgt, dass nur fünf Teams weniger Tore kassierten.

Ritzmaier als Allrounder im Mittelfeld

Ritzmaier bekleidet eine der beiden Achterpositionen im zentralen Mittelfeld, auf dessen Ausführung wir nun genauer eingehen wollen. Er spielt halblinks, was insofern logisch ist, weil er auch auf der linken Außenbahn einsetzbar ist – in Einhoven agierte er zeitweise sogar als Linksverteidiger. Doch es ist nicht diese positionelle Flexibilität, die Ritzmaier zu einem interessanten Spieler macht, sondern die Flexibilität in der Ausführung.

Im Spielaufbau lässt er sich oft nach hinten fallen; jedoch nicht wie man es mittlerweile von den meisten Mannschaften kennt zwischen die Innenverteidiger – dies übernimmt, wenn überhaupt, El Makrini. Durch sein Zurückfallen zieht Ritzmaier im Allgemeinen einen Gegenspieler aus dem Zentrum heraus. Er bietet sich für kurze Zuspiele an, die er dann entweder prallen lässt, um mit Tempo wieder nach vorne in die entstandene Lücke zu gehen, oder er versucht sich zu drehen und den Ball am Fuß nach vorne zu treiben.

Ist der Ball im zweiten Spielfelddrittel agiert Ritzmaier dann deutlich breiter. Besonders extrem ist dies im offensiven Umschaltspiel, wo es darum geht, die vorübergehende Unordnung des Gegners auszunutzen. Aufgrund der Bewegung auf die Seite öffnet Ritzmaier entweder Räume im Zentrum, wenn er von seinem Gegenspieler verfolgt wird, oder kann, falls dieser dies nicht tut, die Außenbahn überladen.

Vor der Winterpause sah man diese breite Stellung auch im normalen Kombinationsspiel, da die linke Seite gewissermaßen die Schwachstelle im Offensivspiel war. Mit der Verpflichtung von Manu hat man dieses Problem aber weitestgehend in den Griff bekommen.

Nichtsdestotrotz ist Ritzmaier weiterhin einer der auffälligsten Spieler von Cambuur. Keiner seiner Mitspieler schießt häufiger auf das gegnerische Tor (2,7 Mal pro Spiel) und niemand bereitet mehr Chancen pro Spiel vor (1,8). Dass der geborene Judenburger teamintern die meisten Assists (5) hat, ist daher keine Überraschung. Einzig das Passspiel (nur 63,3% Genauigkeit) ist ausbaufähig. Ebenfalls im Repertoire von Ritzmaier befinden sich häufige Distanzschüsse und gute Standardsituationen bzw. Flanken.

Wo wäre Platz in den ÖFB-Teams?

Angesichts dieser Qualitäten fragt man sich, wie es sich das österreichische U21-Team leisten kann, auf Ritzmaier zu verzichten. In erster Linie steht man vor dem Problem, dass es die für Ritzmaier ideale Position – eben als pendelnder linker Achter in einem zentralen Dreiermittelfeld – in der 4-2-3-1-Grundordnung, die beim ÖFB praktiziert wird, nicht gibt. Dementsprechend ist die Überlegung, ihn auf einer der beiden Sechserpositionen aufzubieten, eine durchaus naheliegende, zumal dort unter Gregortisch fast ausschließlich Spieler aus der heimischen Liga zum Zug kamen.

Ein mögliches Problem bei dieser Variante sind jedoch die Mängel von Ritzmaier im Defensivspiel. Er erobert vergleichsweise wenige Bälle, wird aber oft überdribbelt. Man müsste ihm daher einen defensivstarken Spieler an die Seite stellen, der jedoch individuelle Schwächen, beispielsweise jene im Defensivzweikampf, auch nicht hundertprozentig lösen würde. Eine andere Option wäre es, Ritzmaier am linken Flügel zu bringen, wo er in den bisherigen U21-Länderspielen auch zum Einsatz kam. Gerade aufgrund seiner individuellen Klasse, könnte er dem taktisch weitestgehend lahmen Spiel Leben einhauchen.

Ritzmaier wäre potenziell sogar eine Überlegung für den Kader von Marcel Koller. Auf der linken offensiven Außenbahn gibt es im Grunde genommen nämlich keinen Spieler, der so balanciert agiert wie der Cambuur-Legionär. Marko Arnautovic, Andreas Ivanschitz oder auch Marcel Sabitzer haben ihre Stärke eher in der Offensive bzw. schon gar nicht in den Halbräumen oder zwischen den Linien. Man darf jedenfalls gespannt sein, ob sich Ritzmaier im Aufgebot für den Lehrgang am Saisonende wiederfindet – egal ob U21- oder A-Team.

 

Alexander Doubek

Alexander DOUBEK (Gründer/Chefredakteur) Bei 12terMann seit: 09/2011 M: alexander.doubek@12termann.at T: @AlexanderDoubek  

3 thoughts on “Marcel Ritzmaiers Rolle beim SC Cambuur-Leeuwarden

  • 2 Mittelstürmer-2 dynamische aussensturmer-3er Mittelfeld mit 2 8er-2inneverteidiger und 2 außenverteidiger sind 11 Feldspieler!! Spielen die ohne Tormann-gut analysiert! ;-)

    Lg

  • bespielt nicht der Lazaro genau dieselbe(n) Position(en) und Aktionsradien. Könnt ihr mir da einen Qualitätsvergleich ziehen mit dem Marcel, aus Anlass, weil der Valentino gerade im NT schnuppern darf

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