Kommentar

RasenBallsport Leipzig – Beziehungsstatus: „es ist kompliziert“

Red Bull und der Fußball – es gibt wohl kaum etwas, das mehr polarisiert als die von Dietrich Mateschitz unterstützten Mannschaften. Doch warum gerade ein Artikel über einen Verein mit dem etwas sperrigen Namen „RasenBallsport Leipzig“? Ein Kommentar von Matthias Riemer.

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Dafür gibt es einige Gründe. Der augenscheinlichste ist natürlich der Besitzer, das Unternehmen Red Bull aus Salzburg. Weiters spielen aktuell mit Niklas Hoheneder und Georg Teigl auch zwei Österreicher in Leipzig, die (weitere Aufstiege des Vereins vorausgesetzt) durchaus auch für das ÖFB-Team interessant werden können. Und natürlich könnten weitere Erfolge von RB Leipzig auch Auswirkungen auf das Engagement von Red Bull in Salzburg haben.

Der Osten, das Fußballbrachland

Die Stadt Leipzig kann auf eine lange Fußballtradition zurückblicken. Der DFB wurde im Jahr 1900 dort gegründet und auch die erste deutsche Fußballmeisterschaft im Jahr 1903 ging nach Leipzig an den VfB. Doch vor allem nach der Wiedervereinigung machten die Vereine eher durch Insolvenzen und Gewalt als durch sportlichen Erfolg auf sich aufmerksam. Lokomotive Leipzig steht in der Regionalliga (4. Spielklasse) aktuell auf einem Abstiegsplatz, der langjährige Konkurrent Sachsen-Leipzig ist gar nur mehr in der 6. Spielklasse zu bewundern. Angesichts dieser Fakten ist es klar, dass das für die WM 2006 renovierte Zentralstadion mit einer Kapazität von ca. 45.000 Plätzen von den beiden Vereinen nicht wirtschaftlich nutzbar ist.


Vor diesem Hintergrund scheint die Wahl des Standortes durch Red Bull logisch. Eine Stadt mit 500.000 Einwohnern die ein neu renoviertes Stadion hat, auf eine lange Fußballtradition zurückblicken kann und deren andere Vereine in absehbarer Zeit keinen höherklassigen Fußball zeigen werden.

Stunde 0 – die Bullen legen los

Um den Plan in die Tat umzusetzen wurde zur Saison 2009/10 vom neu gegründeten Verein RasenBallsport Leipzig (der DFB verbietet die Benennung nach Sponsoren) das Spielrecht vom Leipziger Vorortverein Markranstädt übernommen und der Spielbetrieb in der Oberliga angetreten. Doch schon vor den ersten Spielen hatte der Verein mit massiven Anfeindungen zu kämpfen. Den Grund dafür kann man in einem Interview mit Tim Sebastian, einem Spieler von RB, klar erkennen. Seine Aussage: „Hier steht nicht der Fußball im Vordergrund sondern ein Konzern und sein Produkt. Und uns Spielern ist das auch bewusst.“ Trotz allem wurde RB überlegen Meister, was angesichts des Budgets und des Kaders auch nur logisch war, und stieg in die Regionalliga auf.

Doch in der Regionalliga kam der der Schnellzug Richtung Bundesliga gehörig ins Stocken. In den Saisonen 2010/11 und 2011/12 (mit Trainer Peter Pacult) wurde der Aufstieg jeweils klar verpasst. Erst 2012/13 konnte der lang ersehnte Aufstieg in die 3. Liga geschafft werden.


In der aktuellen Saison stehen die Zeichen klar auf Durchmarsch in die 2. Bundesliga. Nach 32 von 38 Runden steht RB auf dem zweiten Platz mit 3 Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang und bereits 14 Punkten Polster auf einen Nichtaufstiegsplatz. Auch die Leipziger akzeptieren den Verein immer mehr. Der Zuschauerschnitt ist mit ca. 13.500 der zweithöchste der gesamten Liga, bei Spitzenspielen und Derbys strömen bis zu 25.000 Besucher in das inzwischen zur Red Bull Arena gewordene Zentralstadion. Bei den Relegationsspielen um den Aufstieg in die 3. Liga stellte RB mit 30.100 Zuschauern einen neuen deutschen Rekord für ein Spiel der vierten Spielklasse auf.

Wie geht der Weg weiter?

Während der sportliche Aufstieg nur noch Formsache zu sein scheint, könnte es aber in der Lizenzfrage zu Unstimmigkeiten kommen. Laut Vorschriften der DFL darf es keine Hürde für potentielle neue Mitglieder eines Vereines geben. Ob der jährliche Mitgliedsbeitrag von RB Leipzig in der Höhe von 800 Euro nun eine Hürde darstellt oder nicht ist eine Streitfrage, da diese Regel nicht genauer definiert ist. Immerhin hat es der Verein geschafft in den ersten 5 Jahren seines Bestehens einen Mitgliederstand von stolzen 9 Personen zu erreichen (und diese sollen angeblich alle aus dem Konzernumfeld stammen). Kein Wunder also, das sich die Sympathien für die Rasenballer eher in Grenzen halten.


Momentan noch Zukunftsmusik sind Spekulationen wie sich weitere Erfolge in Leipzig auf den „Schwesterverein“ in Salzburg auswirken werden. Wo wird Red Bull mehr investieren? Wird Salzburg zum Ausbildungsverein für Leipzig? Wie reagiert die UEFA falls sich beide Red Bull Vereine für den internationalen Wettbewerb qualifizieren?

RasenBallsport Leipzig – Gottes Werk oder Teufels Beitrag?

Was ist nun von den Aktivitäten von Red Bull in Leipzig zu halten? Einerseits ermöglicht RB einer ganzen Region nach langer Zeit wieder die Möglichkeit hochklassigen Fußball zu sehen und auch der wirtschaftliche Aspekt (Schätzungen gehen von bis zu 6.000 neuen Arbeitsplätzen bei einem Bundesligaaufstieg aus) darf nicht außen vor gelassen werden.

Andererseits wird es für die eingesessenen „Traditionsvereine“ noch schwerer wieder aus der Versenkung zu kommen. Hier stellt sich auch allgemein die Frage wie man Tradition im Fußball definiert. Ist ein schon länger bestehender Verein automatisch mehr Traditionsverein als ein noch nicht so alter Club. Ist z.B. der SV Grödig eher ein Traditionsverein als Red Bull Salzburg? Und haben die Salzburger ihrerseits mehr Tradition als etwa Wr. Neustadt? Und wie ordnet man die Vielzahl von Vereinen im Unterhaus ein, die zwar schon 70 Jahre auf dem Buckel haben aber noch nie über die 1. Klasse hinausgekommen sind?

Das Red Bull nicht nur als „normaler“ Sponsor auftritt, sondern als Besitzer von Fußballklubs muss natürlich auch kritisch hinterfragt werden. Was passiert, wenn das Unternehmen einmal die Lust am Fußball verliert? Andererseits könnten sich die Fans in Österreich ohne dieses Engagement, wahrscheinlich nicht über internationale Erfolge, wie jene der Salzburger in dieser Saison, freuen.

Wie man sieht ist es unglaublich schwer den Verein RasenBallsport Leipzig und seine Aktivitäten objektiv zu bewerten da sehr viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Was jemand von so einer Vorgangsweise hält bleibt einem selbst überlassen. Eine weitere Beobachtung ist aber schon auf Grund des starken Bezugs zu Österreich und der möglichen Auswirkungen auf den heimischen Fußball interessant.

 

Matthias Riemer

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Matthias Riemer
(Redaktionsleitung/Frauenfußball)

Bei 12terMann seit: 12/2013

M: matthias.riemer@12termann.at

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