Nationalteam

Hinteregger: „Wir werden in Frankreich zeigen, dass Österreicher nicht nur Skifahren können“

Vor dem Länderspiel-Doppel gegen Montenegro und Liechtenstein trifft 12terMann.at Martin Hinteregger im Trainingszentrum von Red Bull Salzburg. Nach einem kurzen Gespräch mit dem hauseigenen Physiotherapeuten, nimmt sich der Nationalteam-Spieler Zeit für einige Fragen. Ohne Schuhe, aber mit viel Selbstvertrauen sitzt der 23-jährige Innenverteidiger zwischen den anderen Salzburg-Profis und plaudert über Talent, seine Zukunft und über die Europameisterschaft in Frankreich.

Über sich selbst spricht der gebürtige Kärntner nur ungerne, deshalb hat 12terMann.at im Vorfeld vonSport und Talk im Hangar 7 mit seinen Nationalteam-Kollegen Stefan Ilsanker und Jakob Jantscher gesprochen.  


 

Herr Hinteregger, wie geht es Ihnen?

Dem Knie geht es mittlerweile wieder super, der Bauch schmerzt noch. Ich habe zusätzlich eine Bauchmuskelzerrung erlitten, das ist eigentlich das Problem. Bald stehe ich wieder am Platz, ich trainiere bereits wieder mit der Mannschaft.

 

In den kommenden Länderspielen gegen Montenegro und Liechtenstein stehen Sie nicht im Kader.

Ja, die sind bereits abgesagt. Wir sind bereits qualifiziert, wichtig ist es, dass ich mich wieder aufbaue und gesund werde.

 

Über Martin Hinteregger findet man wenig raus, Sie sind eher zurückhaltend in den Medien. Wenn Sie sich selbst beschreiben müssten, würden Sie es dann lieber nicht tun?

Nein, das mag ich nicht.

 

Vorgestern habe ich mit Stefan Ilsanker und Jakob Jantscher über Sie gesprochen.  Ihre ehemaligen Teamkollegen haben Sie als heimatverbunden, besonnen, ruhigen Menschen beschrieben. Kann man das so stehen lassen?

Ja, das trifft wohl zu. Ich bin kein offener Typ, es braucht Zeit, dass ich ins Quatschen komme. Das ist allgemein bei mir so. Wenn ich jemanden kennenlerne, muss ich schon zuerst eine Verbindung aufbauen.

 

Wie sehr hat Ihnen das in Ihrer Karriere geholfen?

Sehr viel. Ich wäre sonst nicht da wo ich jetzt bin, ich habe nichts anderes gekannt. Meine Familie und meine Freunde haben mir das immer vorgelebt. Die haben mich immer am Boden gehalten, auch wenn das eigentlich nie nötig war.

Ich bin nicht auf Facebook, Twitter oder was auch immer. Ich bin auf keiner Plattform vertreten, das nimmt mir persönlich Stress weg.

 

Ein persönliches Hobby von Ihnen ist die Jagd. Stefan Ilsanker hat mir erzählt, dass Sie manchmal auch in der Kluft zum Training gekommen sind. Kennen Sie einen anderen Sportler mit diesem ungewöhnlichen Hobby?

Ich glaube nicht, dass ein anderer Fußballer noch Jäger ist, zumindest kenne ich keinen. Ich bin auch kein Mensch der jeden Tag auf die Pirsch geht. Wenn ich Zeit und Lust habe, dann gehe ich gerne in den Wald. Dort kann ich die Ruhe genießen, und ja, da komme ich dann schon öfters in der Kluft zum Training.

BERLIN,GERMANY,28.AUG.15 - SOCCER - 2. DFL, 2. Deutsche Bundesliga, 1. FC Union Berlin vs RasenBallsport Leipzig. Image shows Stefan Ilsanker (RB Leipzig). Photo: GEPA pictures/ Roger Petzsche - For editorial use only. Image is free of charge.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Da sitzt du die ganze Zeit nur noch da und starrst auf dein Display wie die anderen in der Kabine, im Bus, vor dem Spiel, nach dem Training. Spieler posten Fotos hier, texten da. Ich finde es schade, wenn Fußball nur noch ein Wirtschaftsunternehmen ist, in dem man sich über Social Media persönlich vermarktet. Das Eigentliche, das Fußballspielen, tritt immer mehr ins Hintertreffen.“ Gehen Sie mit der Aussage von Martin Stranzl d’accord?

Martin Stranzl finde ich verdammt cool, sowohl als Person, aber auch als Spieler. Was er da gesagt hat, das stimmt auf jeden Fall. Das ist eine neue Zeit. Ich bin nicht auf Facebook, Twitter oder was auch immer. Ich bin auf keiner Plattform vertreten, das nimmt mir persönlich Stress weg. Damit stehe ich nicht ständig im Kontakt mit den Menschen, die Leute erfahren so auch weniger über mich. Mir haben schon viele  gesagt, dass es gut wäre, wenn man sich selber ein wenig auf dieser Ebene vermarktet. Aber nein, das ist nicht Martin Hinteregger.

 

Emanuel Pogatetz hat in einem Interview auf 12terMann gesagt, dass die jungen Spieler heutzutage den Respekt verloren haben. Sie sind ein junger Spieler, wie sehen Sie das? Steht das einigen jungen Talenten im Weg?

Wie ich vor sechs Jahren zu Red Bull Salzburg gekommen bin, da war es auch noch ganz anders. Das kommt ebenfalls mit der Zeit, die jungen Spieler kommen einfach selbstbewusster nach oben. Ich bin ja selbst noch jung, denke aber, dass das früher ganz anders war. Die Spieler kommen jetzt mit einer anderen Selbstverständlichkeit hoch.

 

Ist das etwas Positives?

Ich finde es super wenn ein Spieler rauf kommt und nur so vor Selbstvertrauen strotzt. Es geht in die Richtung, aber auch in die andere Richtung. Junge Spieler müssen auch wissen wo die Grenze liegt.

 

Wie geht man mit Spielern um, die es übertreiben? Gibt es noch die berüchtigte Blutgrätsche im Training?

Nicht mehr so wie früher. Auch wenn sechs Jahre nicht so lange her ist, aber schon damals war es anders. Es kommt aber immer auf die Typen in der Mannschaft an, es gibt Spieler denen taugt es, jemanden umzugrätschen, der einmal einen Blödsinn gemacht hat. Wir reden bei Salzburg mit den Spielern, vor allem mit dem Trainerteam, die Blutgrätsche gibt es nicht mehr.

 

Ihr Spiel basiert auf Antizipation und strategischem Passspiel, das oft riskant wirkt. In den meisten Fällen aber sehr effektiv ist. Wo wollen Sie sich eigentlich noch verbessern?

Die Offensive ist meine größte Schwäche, ich mach vorne viel zu wenige Tore. Körperlich muss ich mich auch noch verbessern. Vor allem in den letzten Minuten steht man dann richtig und spart sich keine Meter.  

 

Ist man als Fußballprofi oft nicht zu selbstkritisch und sucht Schwäche?

Hermann Maier zum Beispiel hat seine Schwäche ausgeblendet und nur seine Stärken weiter trainiert. Aber ich denke schon, dass man auch selbstkritisch sein muss. Schwächen muss man eine ganze Saison lang trainieren, nicht nur ein zwei Wochen.

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Ist Hermann Maier ein sportliches Vorbild für Sie?

Ja, dadurch dass ich in Flachau wohne, habe ich da natürlich Bezug zu ihm, beziehungsweise zu seinen Befürwortern und Fans. Man hört über ihn schon tolle Sachen. Auch im Nationalteam hat er einmal einen Vortrag zur Motivation gehalten. Das war  sehr interessant und auch lustig.

 

Wie kann man sich einen Motivationskurs mit Hermann Maier vorstellen?

Er hat uns aus seinem Leben erzählt, über seine Rückschläge und wie er damit umgegangen ist. Das hat uns richtig beeindruckt und motiviert. Das war genau vor der EM-Qualifikation. Anscheinend hat es uns geholfen, jetzt sind wir bei der Europameisterschaft in Frankreich dabei.

Aber auch als Mannschaft wollen wir mit einem Top-Ergebnis nach Frankreich fahren. Ich kann mir nicht vorstellen dass wir in den beiden Spielen zurückstecken werden.

 

Apropos Nationalteam. Der 4:1-Sieg gegen Schweden war ein historisches Spiel für Österreich und das Nationalteam. Wo haben Sie das  Spiel verfolgt?

Im Hotel von meinen Schwiegereltern.

 

Was haben Sie sich gedacht, als Sie ihre Teamkollegen nach dem Schlusspfiff mit den Fans feiern gesehen haben?

Ich hab mich im ersten Moment total gefreut. Dann habe ich mir natürlich auch gedacht: „Hmm, da könnte ich jetzt auch dabei sein.“ Das war sicherlich auch im Hinterkopf. Ich freue mich natürlich, dass sie gewonnen haben und der Druck weg ist. Es war eine riesen Erleichterung, auch für mich. Ich habe mich schon richtig gefreut. 

 

Gegen Montenegro und Liechtenstein soll nun die Kür folgen. Auch diese Spiele sollte das Nationalteam gewinnen, um in Topf zwei gereiht zu werden. Nach einer erfolgreichen Qualifikation fehlt es Mannschaften trotzdem manchmal am letzten Biss. Warum gewinnt Österreich auch diese Spiele?

Der Teamchef wird das nicht zulassen, auch die Mentalität im Team ist entscheidend. Die Spieler wissen, dass die ganze Nation von uns viel erwartet.  Aber auch die Spieler wissen, dass sie sich beim Nationalteam beweisen können, vor allem wenn es im Verein gerade nicht gut läuft.

 

Habt ihr aktuell auch den Ehrgeiz ungeschlagen zu bleiben?

Sicher. Ich als Verteidiger will sowieso nie ein Gegentor kriegen, das ist in der Qualifikation auch sehr gut gelungen. Aber auch als Mannschaft wollen wir mit einem Top-Ergebnis nach Frankreich fahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in den beiden Spielen zurückstecken werden.

 

Wenn Sie im Trikot des Nationalteams aufgelaufen sind, hat das Team kein Pflichtspiel verloren.  Schöne Zeiten aktuell für das Nationalteam und die Fans, oder?

Ich kann mich schon an Früher erinnern, damals gab es nie so eine Euphorie. Damals hat man die Spiele nicht so extrem verfolgt und drüber gesprochen, da war nach dem Spiel die Stimmung eher schlecht und man hat gesagt: „Naja, wieder nicht gut gelaufen“. Jetzt gibt es eine Euphorie, die Leute sprechen noch eine Woche lang über die Länderspiele. Das ist uns natürlich allen lieber.

 

Wie ist Ibrahimovic eigentlich als direkter Gegenspieler? Höflichen Umgang am Feld spricht man ihm ja nicht nach.

Wenn man ihm Respekt zollt, gibt er dir gewissen Respekt zurück. Bei mir war das auch so, ich bin ihm nie auf die Füße gestiegen, nur weil er Zlatan ist. Viele machen das aber um ihn aus dem Konzept zu bringen. Wenn er seinen Respekt kriegt, ist er ein ganz normaler Gegenspieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Ich bin aber auch kein „schmutziger“ Verteidiger, auch wenn das manchmal gut wäre, das mag ich aber nicht, so bin ich nicht. Dadurch respektieren mich die Gegenspieler auch.

 

Wenn Sie an die EM in Frankreich denken, worauf freuen Sie sich am meisten?

Natürlich auf die Spiele gegen richtig gute Teams. Wir kommen auch nach Frankreich um zu bleiben. Wir wollen etwas bewegen, auch in Österreich. Wir können dort unsere Leistung aus der Qualifikation bestätigen. Wir wollen zeigen, dass wir Österreicher nicht nur Skifahren können.

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Die Erwartungen sind in Österreich naturgemäß schnell sehr hoch. Was ist Ihr persönliches Ziel?

Natürlich wollen wir nicht nur hinfahren und ausscheiden, das ist eh klar. Es ist sicher ein Ziel die Gruppenphase zu überstehen. Fakt ist, dass wir eine richtig gute Mannschaft haben, ein Umfeld, das wirklich top ist. Wir werden uns richtig gut am Platz präsentieren, wo es dann hingeht sehen wir eh.

 

Ihr Name wurde in der Vergangenheit öfters mit Topvereinen aus Europa in Verbindung gebracht.  Das Ausland nannten Sie schön öfters als großes Ziel. Was spricht eigentlich gegen eine Fußballromantiker-Karriere bei Salzburg?

(überlegt lang) Von Kind auf ist es mein Ziel gewesen ins Ausland zu wechseln. Es spricht sicherlich nichts dagegen, wenn ich noch zehn Jahre hier spiele, wir haben optimale Bedingungen, spielen – normalerweise – jedes Jahr international, das ist für mich schon sehr wichtig. Aber, der Reiz, den man im Nationalteam mitkriegt von den anderen Teamspielern, der ist natürlich schon sehr groß. Wenn die Mitspieler erzählen wie geil es in Deutschland ist, dann fängt man schon zu überlegen an. Fakt ist, dass ich schon gerne einmal woanders hingehen würde.

Ich habe schon einiges mitgekriegt, ich weiß was Salzburg für mich will und was mein Preis ist. Deshalb kommen wirklich nur Topvereine in Frage.

 

Wäre Deutschland für Sie persönlich auch ein Wunschziel?

Aufgrund der Sprache und der Natur – und dass ich doch sehr heimatverbunden bin – wäre Deutschland schon optimal. Aber ich weiß so oder so, dass ich irgendwann wieder zurückkomme, deshalb ist es nicht so wichtig wohin es geht.

 

Bedeutet zurückkommen für Sie Salzburg oder Kärnten?

Grundsätzlich möchte ich nach meiner Karriere wieder zurück nach Salzburg kommen. Ich hänge schon sehr an Kärnten, bin aber mittlerweile mehr Salzburger. Wenn ich meine Fußball-Karriere hier bei Red Bull Salzburg beenden dürfte, dann würde ich das auch sehr gerne machen.

 

Ihre „Konkurrenten“ in der Innenverteidigung im Nationalteam haben im Sommer den Verein gewechselt. Machen Sie sich manchmal Gedanken, ob Sie Ihren Stammplatz im Team verlieren?

Sicher ist das ein Konkurrenzkampf im Nationalteam. Ich weiß auch, dass Sebastian Prödl in England richtig gut spielt, auch gegen Schweden war er verdammt stark und hat gezeigt, dass er ein Topverteidiger ist. Ich glaube nicht, dass ich viel vor ihm bin oder er weiter ist als ich. Ich denke es wird ein Konkurrenzkampf bis zur Europameisterschaft. Ich nehme diesen Kampf natürlich an und es wird sehr spannend werden. Aber deshalb werde ich nicht wechseln. Das wäre fahrlässig, dem Teamchef ist wichtig, dass man spielt und Spielpraxis hat. Wenn ich jetzt im Jänner wechseln würde und dort nicht zum Einsatz kommen würde, dann ist es auch nicht von Vorteil, dass ich bei einem besseren Klub bin. Zwischen Sebastian Prödl und mir wird es sehr eng werden, auch Kevin Wimmer wird noch eine Rolle spielen. Jedes Training mit dem Nationalteam wird entscheidend sein.

 

Während des Europa League-Qualifikations-Spiel gegen Dynamo Minsk habe ich mit einem Scout aus Deutschland gesprochen. Auch Ihr Name ist gefallen, für den Bundesliga-Verein waren Sie zu teuer. Ehrt einen das oder bereitet Ihnen das sogar Sorgen?

Ich habe schon einiges mitgekriegt, ich weiß was Salzburg für mich will und was mein Preis ist. Deshalb kommen wirklich nur Topvereine in Frage. Nicht weil ich unbedingt zu einem Topklub will, aber nur die können die Ablöse zahlen. Natürlich freut mich das auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite ist es schon auch schade. Ich bin gerne bei Red Bull Salzburg und habe mir selbst ausgesucht den Vier-Jahres-Vertrag zu unterschreiben.

 

Vielen Dank für das Gespräch

Das Interview führte Martin Hanebeck

 

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Martin Hanebeck

Geboren in Salzburg und aufgewachsen mit der dortigen Austria, nach Wien gezogen und eine Liebe zur hiesigen Austria entwickelt. In Deutschland Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf. Fan von Problemkindern, Fußball ohne Arnautovic, Balotelli, Best, Pepe, Barton, Naumoski oder Ibrahimovic wäre für ihn ungenießbar. Studiert irgendwas mit Umweltschutz und ab Oktober 2014 irgendwas mit Journalismus.

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