Frauenfußball

Frauen-Bundesliga nach dem Sommermärchen – Was bleibt vom EM-Hype?

Ach, wie schön war doch der Sommer 2017. Badewetter, Sonnenschein und ein Frauen-Nationalteam, das mit seinem Erfolgslauf bei der Europameisterschaft in den Niederlanden ganz Österreich in einen Freudentaumel stürzte. „Frauenfußball“ wurde von der Randnotiz zur Schlagzeile, die erfolgreichen Spielerinnen zu bekannten Stars. Doch was ist vom Hype geblieben? Und kann auch die Bundesliga vom Aufwind des Nationalteams profitieren? Von der heimischen Liga aus starteten immerhin zahlreiche erfolgreiche Spielerinnen ihre Karrieren. Wir haben die Winterpause für eine Umfrage und Bestandsaufnahme zum Anlass genommen.

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Zuschauerzahlen weiterhin gering

Eine leicht messbare Größe ist die Zuseherzahl bei den Bundesligaspielen. Hat sich diese seit der Europameisterschaft positiv verändert? Hier gibt es bereits die erste Enttäuschung, die Vereine der obersten Spielklasse können keinen merkbaren Anstieg feststellen. Aufsteiger FFC fairvesta Vorderland liegt mit einem Schnitt von ca. 250 Zusehern pro Spiel an der Spitze der Zusehertabelle, allerdings konnten die Vorarlberger schon vor der EM bzw. dem Aufstieg in die Bundesliga ähnliche Werte vorweisen. Serienmeister SKN St. Pölten konnte im Heimspiel der UEFA Women’s Champions League zwar einen neuen Rekord auf Vereinsebene aufstellen, im Liga-Alltag verirren sich aber nach wie vor nur wenige Zuseher zu den Spielen. Die Aussage des FC Bergheim bringt die Situation schonungslos auf den Punkt: „Auch wenn der generelle Hype um den Frauenfußball wirklich toll und gut ist, muss man leider sagen, dass sich die Zuschauerzahlen bei unseren Spielen kaum verändert haben. Großteils sind unsere Zuschauer immer noch Vereinszugehörige, Eltern oder Mitreisende der Gegner. Nur selten bzw. eigentlich nie ist ein Zuseher bei uns gewesen, der wirklich nur kam, weil er das Spiel sehen wollte.“ Auch beim SV mantlik kainz Neulengbach sieht die Situation nicht viel besser aus, wie die Verantwortlichen in einem persönlichen Gespräch erklärten: „Im Schnitt hat unser Herrenteam, das in der 2. Klasse spielt, mehr Zuschauer als die Frauenmannschaft bei Bundesligaspielen.“

Großteils sind die Zuschauer Vereinszugehörige, Eltern oder Mitreisende der Gegner

Medieninteresse leicht gestiegen

Die Aufmerksamkeit der Medien ist durch die erfolgreiche Europameisterschaft definitiv gestiegen, wobei die Bundesligavereine hier trotzdem sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Während und kurz nach der Endrunde gab es bei den meisten Vereinen erheblich mehr Medienkontakt als gewöhnlich, inzwischen ist das Interesse jedoch wieder deutlich gesunken. Mannschaften mit Nationalspielerinnen im Kader, wie zum Beispiel St. Pölten spüren weiterhin ein stärkeres Medieninteresse. Die kleineren Vereine sind hauptsächlich in der regionalen Berichterstattung in ihrem Einzugsgebiet vertreten, was aber meist auch schon vor der Europameisterschaft der Fall war. Ein großes Lob muss man an dieser Stelle dem ORF aussprechen, der regelmäßig über die Frauen-Bundesliga berichtet.

Auch in den sozialen Medien wie Facebook und Twitter merken die Vereine ein verstärktes Interesse am Frauenfußball. Alle berichten davon, dass die Zahl der Fans und Follower regelmäßig und konstant ansteigt. Natürlich gibt es auch hier Unterschiede. Die Vereine die ihre Seiten aktiv betreuen und regelmäßig mit Content füttern, können sich auch einen verhältnismäßig höheren Anstieg freuen als andere.

Man muss im Bereich der Medienarbeit aber durchaus auch die Vereine selbst in die Pflicht nehmen. Für diesen Artikel haben wir bei allen zehn Bundesligavereinen per Mail nach ihren Erfahrungen und Meinungen gefragt, eine Antwort haben wir jedoch nur von der Hälfte erhalten. Das macht es natürlich für uns „Schmieranskis“ nicht leichter, angemessen über den Frauenfußball zu berichten.

Sponsorensuche nach wie vor schwierig

Ein wichtiger Baustein für einen erfolgreichen Verein sind Sponsoren, die finanzielle Mittel bereitstellen. Hier stellt sich die Situation ähnlich wie bei der Medienpräsenz dar. Die größeren Vereine wie St. Pölten berichten von einer merklichen Veränderung. Für sie ist es nun einfacher mit potentiellen Sponsoren ins Gespräch zu kommen, und es gab auch schon einige Deals, die ohne die erfolgreiche Europameisterschaft wohl nicht zustande gekommen wären. Die kleineren Vereine stellt die Suche nach Sponsoren nach wie vor vor eine schwierige Aufgabe. Sie müssen großteils auf regionale Unternehmen zur Unterstützung zurückgreifen. Durch die stärkere Präsenz des Thema Frauenfußballs in der Öffentlichkeit ist es zwar einfacher mit jemandem ins Gespräch zu kommen, doch die großen Fische werden nicht an Land gezogen. Die regionalen Sponsoren zahlen eher auf Grund des sozialen Pflichtgefühls (weil es sich halt so gehört) und nicht weil sie den großen Werbewert in dem Sport sehen.

Die regionalen Sponsoren zahlen eher auf Grund des sozialen Pflichtgefühls und nicht weil sie den großen Werbewert in dem Sport sehen

Eine spannenden Frage während der Europameisterschaft war auch, ob sich durch die Erfolge des Nationalteams mehr Mädchen in Fußballvereinen anmelden. Klarerweise ist es in diesem Bereich noch zu früh um klare Aussagen darüber treffen zu können. Eine durchaus interessante Entwicklung wird aber aktuell in St. Pölten beobachtet. Im Bereich der 14- bis 16-jährigen Mädchen konnten in diesem Jahr fast alle Spielerinnen beim Verein gehalten werden. Gerade bei Mädchen in diesem Alter gab es sonst durch Schulwechsel, Einstieg ins Berufsleben und ähnliches weit mehr Abmeldungen. Ob es sich hier um einen nachhaltigen Effekt handelt, wird die Zukunft weisen. Beim FFC Vorderland konnte man sich sogar über einen Anstieg der Anmeldungen freuen, hier spielt allerdings auch der Aufstieg in die Bundesliga eine große Rolle. Generell ist der Tenor der Vereine, dass sich bisher zwar nicht merkbar mehr Mädchen angemeldet haben, die Anzahl aber zumindest konstant bleibt.

Noch viele Hausaufgaben für Verband und Vereine

Ein großes Problemfeld orten die Vereine weiterhin in der Unterstützung durch den Fußballverband. Vor allem finanziell ist das Abenteuer Bundesliga oder 2. Liga für viele ein großes Risiko, wodurch regelmäßig Mannschaften auf den Aufstieg verzichten. So spielte die zweite Mannschaft von Bundesligist Bergheim jahrelang in der Salzburger Liga und holte dort auch einige Meistertitel. Vor der Saison wurde die Vereinsführung mehr oder weniger angebettelt, ihre zweite Mannschaft doch in die 2. Liga aufsteigen zu lassen, da die Staffel Mitte/West sonst nur aus fünf Mannschaften bestanden hätte. Die finanziellen Belastungen sind nun durch die weiteren Auswärtsfahrten und Nächtigungskosten ungleich höher. Die 2. Liga Ost/Süd besteht zwar immerhin aus zwölf Mannschaften, gleich fünf davon sind allerdings die zweiten Teams von Bundesligavereinen. Bei Union Kleinmünchen ortet man ein weiteres großes Problem darin, dass es in den unterschiedlichen Landesverbänden verschiedene Regelungen gibt, wann beispielsweise Mädchenteams an einer Burschenmeisterschaft teilnehmen können. Hier ist ein einheitliches nationales Regelwerk notwendig.

Größtes Anliegen der Bundesligavereine wäre ein Ligasponsor, hier sehen alle den dringendsten Handlungsbedarf. Auch die Idee, dass ein Sponsor Sachleistungen wie Transportmittel oder Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, wird von einigen Verantwortlichen aufgeworfen. Ebenfalls fast durchgängig vertreten die Bundesligisten die Meinung, dass es wichtig ist, gemeinsame Sache zu machen und die Kräfte zu bündeln. In der Vergangenheit war es leider meist der Fall, dass jeder Verein sein eigenes Süppchen gekocht hat. Hier kann eine Veränderung natürlich nicht von heute auf morgen erfolgen, aber erste Schritte scheinen gemacht zu werden. Momentan wird an Konzepten für eine Ligareform gearbeitet.

Sich alleine im Erfolg des Nationalteams zu sonnen reicht nicht

Fazit: Eine Schwalbe (Euro) macht noch keinen Sommer

Was ist also das Fazit unserer Recherchen? In manchen Bereichen konnte die Europameisterschaft durchaus für eine Verbesserung, erhöhte Aufmerksamkeit und den einen oder anderen Anstoß sorgen. Trotzdem liegt noch vieles im Argen und die grundlegenden strukturellen Probleme der heimischen Liga kann auch ein erfolgreiches Turnier des Nationalteams nicht lösen. Aber es gibt positive Zeichen, dass sich die Dinge in Zukunft zum Besseren wenden. Es wartet jedoch noch viel Arbeit auf alle Verantwortlichen. Schließen möchten wir unseren Beitrag mit einer Aussage vom FFC fairvesta Vorderland, der die Marschroute für die kommenden Jahre klar vorgibt: Sich alleine im Erfolg des Nationalteams zu sonnen reicht nicht. Die Liga muss gestärkt werden, um langfristig eine gute Nationalmannschaft stellen zu können!“

 

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Matthias Riemer

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Matthias Riemer
(Redaktionsleitung/Frauenfußball)

Bei 12terMann seit: 12/2013

M: matthias.riemer@12termann.at

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