ÖFB

#Einwurf: Quo vadis, Leo Windtner?

Wieder Wirbel um Leo Windtner. Es scheint, als käme der 67-Jährige ÖFB-Präsident nicht zur Ruhe. Ein Bericht der Investigativplattform addendum.org über eine Spende der FIFA über 100.000 Dollar an ein karitatives Projekt bringt neue Details ans Tageslicht. Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt, für den Ex-Vorstand der Energie AG könnte es nun (noch) ungemütlicher werden. 

Titelbild-Nachweis: By Σ τ ε ι ν δ υ 14:23, 16. Jun. 2009 (CEST). (Photo by Steindy) [CC BY-SA 2.0 de], via Wikimedia Commons, [Edited]

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Wie alles begann

Seinen Ursprung hat die Causa im Jahr 2014: Windtner warb beim damaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter um eine Spende für ein Fußballprojekt des Vereins „Hope for future“ für Kinder in den Slums um Nairobi (Kenia), deren Schirmherrschaft Windtners Ehefrau inne hat. Ende des Jahres wurde diese durch die Finanzkommission der FIFA genehmigt. Zunächst sollte der Betrag an den ÖFB fließen, da dieser aber offiziell keine Kenntnis davon hatte, wurde die Summe umgehend zurücküberwiesen. Pikant: Scheinbar wusste beim ÖFB niemand außer Leo Wintdner davon, aus in einem offiziellen Schreiben der FIFA geht jedoch hervor, dass „der Antrag durch den ÖFB eingereicht wurde“. Nach einer weiteren Intervention Windtners bei Sepp Blatter floss das Geld am 25.3.2015 dann doch direkt an das Afrika-Projekt. Noch spannender stellt sich die Sachlage durch das Faktum dar, dass es für die Direktüberweisung keinerlei Beschluss oder Abänderung der bestehenden Zusage seitens des Finanzkomitees der FIFA gab. Auch der Zeitpunkt ist bemerkenswert: Die Zahlung erfolgte kurz vor der kuriosen Wiederwahl von Blatter zum FIFA-Präsidenten. Auf das Szenario angesprochen meinte dieser: „Ich erinnere mich an den Fall, aber es gibt nichts Illegales daran“. Für alle Beteiligten gilt selbstredend die Unschuldsvermutung.

Das Medium „Österreich“ hatte damals Wind davon bekommen und darüber berichtet. Windtner klagte – und verlor (nicht rechtskräftig). Richter Stefan Apostol bezeichnete, wie aus einer damaligen Meldung der APA hervorgeht, in seiner Urteilsbegründung die Geldflüsse als „dubios“. Man könne durchaus die Ansicht vertreten, dass die Vorgangsweise nicht „ordnungsgemäß“ aussehe und den „Verdacht der Bestechlichkeit“ erwecke. In der Euphorie rund um das Nationalteam, welche damals ihren emotionalen Höhepunkt erreichte, ging dies aber unter. Doch man sieht sich immer zweimal im Leben: Durch eine Anzeige des ESV Wels bereits im April 2017 und die nun aufgedeckten neuen Details trat die Thematik wieder zu Tage.

Zudem soll gegen Windtner aus diesem Grund schon vor über einem Jahr ein Vorverfahren seitens der FIFA-Ethikkommission eingeleitet worden sein. Im Gespräch mit ORF-Redakteur Gernot Ecker (Hier nachhören) äußert sich der amtierende ÖFB-Präsident skurril: „Das ist ein Thema, welches ausschließlich der FIFA anheim liegt“. Er könne deswegen nichts dazu sagen. Ein Dementi klingt meines Empfindens nach anders, denn Windtner bestreitet in diesem Zusammenhang alle Vorwürfe – nur diesen nicht.

Da wäre dann noch etwas

Ferner hat die Sache noch einen weiteren Haken: Windtner hätte freilich zu jedem Zeitpunkt die Gelegenheit gehabt, die Zahlung abzulehnen. Fakt ist: Er hat es nicht getan. Dies ist für mich rückblickend spätestens ab Anfang 2015 unverständlich: Windtners Projekt „Acakoro“ hat das Geld im März 2015 erhalten. Zu besagtem Zeitpunkt waren die Vorwürfe gegen FIFA-Präsident Blatter aber bereits der breiten Öffentlichkeit bekannt. Ich komme nicht von dem Gedanken los, dass Windtner doch eines klar gewesen sein muss: Vorgänge, welche nachweislich in Korrelation zum „System Blatter“ stehen – selbst ungeachtet der damals bereits absehbaren Tragweite – können einen früher oder später einholen. Womöglich war dem Oberösterreicher die Dimension seines Handelns damals wie heute gar nicht bewusst.

„Nach einem persönlichen Gespräch zwischen Blatter und Windtner überwies die FIFA noch einmal auf ein anderes Konto zu Gunsten des Vereins. Seither fehlt jede Dokumentation über den Verbleib der 100.000 Dollar und der Nachweis, wohin sie weiterüberwiesen wurden.“ (Zitat APA, 13.2.2016)

Windtner sieht sich in der Opferrolle

Im Gespräch mit den OÖ-Nachrichten geht ein verärgerter Windtner bereits zum Angriff über: „Sie können davon ausgehen, dass ich mich dagegen wehren werde. Das ist alter Wein in neuen Gläsern.“ Niemals sei auch nur ein Cent missbräuchlich verwendet worden. Nun, möge sich da jeder selbst sein Bild machen, für mich jedoch macht es sich Windtner dann doch etwas zu leicht. Bis heute konnte er nicht erklären, warum jeglicher Nachweis fehlt, wie das Geld danach von „Hope for future“ weiterverwendet wurde. Windtner: „Acakoro ist auch nach den ersten Schlagzeilen im vergangenen Jahr überprüft und als Vorzeigeprojekt eingestuft worden. Es ist schon vor einem Jahr nichts herausgekommen, und das wird auch jetzt so sein. Ich werde sicherlich jenen Leuten keinen Gefallen tun, die mir hier schaden wollen.“ 

Womöglich hat er damit recht: Damit „nichts heraus kommt“ reicht es schließlich aus, wenn man nichts nachweisen kann. Im Zweifel für den Angeklagten.

Gewinnt Windtner auch diesen Kampf?

Windtner kommt in seiner Funktion als ÖFB-Präsident immer mehr ins taumeln. Wurde seine Position durch die Querelen rund um seine Wiederwahl im Vorjahr bereits entscheidend geschwächt, so hängt er nun – wie auch immer die Schose enden mag – in der öffentlichen Wahrnehmung in den Seilen wie einst Max Schmeling in seinem Rückkampf gegen Joe Lewis. Hier stellt sich für mich der neuralgische Punkt in dieser Causa heraus: Verliert Windtner die öffentliche Rückendeckung durch Fans und Medien, welche ihn im Rahmen seiner Wiederwahl zumindest passiv (durch die laute Kritik an der Ablöse der von ihm in deren Positionen installierten Willi Ruttensteiner und Marcel Koller) gestützt haben, so wird der Oberösterreicher wohl nicht zu halten sein.

Aus dem Westen was Neues?

Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Im Falle eines tatsächlichen Windtner-Abschieds als ÖFB-Oberhaupt drängt sich mir die Frage auf: Was kommt danach? Die Wahrscheinlichkeit einer Nachfolge durch einen der aktuellen Vize-Präsidenten aus den Ländern ist nicht gerade gering. Um ehrlich zu sein: Es gibt sicher bessere Präsidenten als Leo Windtner. Doch muss erwähnt werden, dass dieser Mann im Gespann mit Ruttensteiner und Koller Großes für den österreichischen Fußball geleistet hat. Wie hoch sein Anteil daran auch immer sein mag, eine Verantwortung dafür ist ihm unter allen Umständen gewiss. Deswegen keimt in mir geradezu eine Art panischer Phobie auf, dass eine Nachfolge aus dem Dunstkreis rund um Herbert Hübel, Josef Geisler, Robert Sedlacek & Co tatsächlich Realität werden könnte. Hier möchte ich Winston Churchill ziteren:

„Man sollte nicht schmutziges Wasser verschütten, wenn man kein sauberes zur Hand hat.“

Kritiker hält Windtner die Stange

Ausgerechnet jener Josef Geisler, seines Zeichens Präsident des Tiroler Fußballverbandes und einer der größten Windtner-Kritiker, stellt sich nun vor seinen Chef: „Ein Richter ist verpflichtet, sofort die Staatsanwaltschaft zu informieren, wenn er auch nur den Verdacht einer Straftat hat. Das ist meines Wissens damals nicht geschehen“, so Geisler, der ja selbst von Beruf Richter ist. Er geht sogar noch weiter, bezeichnet die Causa als „aufgewärmte Geschichte“. Man möchte meinen, er weiß wovon er spricht.

Wird der streitbare Oberösterreicher durch neue Tatsachen zu Fall gebracht oder ist es doch nur ein Sturm im Wasserglas?  Beantworten Sie mir doch bitte nur eine Frage, lieber Herr Präsident: Wie geht’s jetzt weiter, Dr. Leo Windtner?

Ich verneige mich und danke für Eure Aufmerksamkeit,

René Dutchy

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