Österreichische Bundesliga

#Einwurf: Droht der Liga das totale Chaos?

In den Büros der Österreichischen Bundesliga dachte man, das Schlimmste sei ausgestanden, nach dem die „Causa Hartberg“ beendet war. Doch nun legt der SC Wiener Neustadt Protest gegen die Wertung des Relegations-Rückspiels gegen den SKN St. Pölten ein, da David Atanga nach Ansicht der Neustädter unberechtigt eingesetzt worden war. Droht der Liga nun das totale Chaos?

Titelbild-Nachweis: Jeff Djevdet/CC-BY-2.0/speedpropertybuyers.co.uk/Abwandlung 

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„Wiener Neustadt hat Einspruch gegen die Beglaubigung der Relegation eingelegt. Der Senat 1 eröffnet das entsprechende Verfahren“, so Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer gegenüber dem Kurier.

In seiner Klage bezieht sich der Verein aus der „Allzeit Getreuen“ auf das 2/3-Regulativ der FIFA. Dieses besagt, dass ein Spieler zwar bei drei Vereinen registriert sein darf, jedoch sind nur Einsätze für zwei dieser drei Teams erlaubt. Die Liga hat diese Regelung jedoch unter Zustimmung der Vereine umgangen, indem man sich darauf einigte, dass ein Wechsel eines Spieler im Rahmen einer Kooperation nicht als Transfer betrachtet wird. Es ist jedenfalls dünnes Eis, auf dem sich die Liga hier bewegt. Wie auch immer die Sache ausgeht, für mich kommen nach Abschluss dieser Seifenoper nur zwei Szenarien in Frage: Entweder die Liga passt die bestehende Kooperationsregelung an bzw. erneuert diese oder aber sie wird gänzlich abgeschafft, was aber gerade für kleinere Teams – vor allem in der neuen zweiten Liga –  ein massives Problem werden könnte.

Die Mühlen mahlen langsam

Aufgrund der Faktenlage muss man damit rechnen, dass eine endgültige Entscheidung zu einem ebensolchen Termindruck führen würde wie der Protest des TSV Hartberg hinsichtlich der Bundesligalizenz. Denn geht der SCWN bis in die letzte Instanz, also bis zum Ständig Neutralen Schiedsgericht, ist mit einer Dauer von einigen Wochen zu rechnen. Dann würde die Bundesliga bis kurz vor Saisonstart in den beiden höchsten Spielklassen (27. bzw. 28. Juli) nicht wissen, welche Vereine diesen Ligen final angehören. Im äußersten Fall, sollte beispielsweise das Schiedsgericht seine Entscheidung einmal mehr vertagen, könnte es sogar zu einer Verschiebung des Saisonstarts kommen.

Präzedenzfall Wiener Neustadt?

Sollten die Blau-Weißen aber tatsächlich recht bekommen, so gilt es zu bedenken, dass ein Präzedenzfall geschaffen wäre, der dem kompletten Sachverhalt eine neue Dimension verleihen würde. Dann wären weiteren Klagen Tür und Tor geöffnet, womöglich wären dann sogar rückwirkende Klagen von einigen Jahren denkbar. Das Ausmaß einer solchen Entscheidung wird sich wohl erst in einigen Wochen oder Monaten wirklich abschätzen lassen.

Wir die Klage zum Eigentor?

SKN-Manager Andreas Blumauer: „Die Nachricht des Wiener Neustädter Protestes hat uns völlig überrascht. Dies, zumal der Klub in diesem Frühjahr ja selbst von den Regeln der Bundesliga profitiert hat, die es zulassen, dass ein Spieler in Österreich in einer Saison auch bei drei Vereinen zum Einsatz kommt.“ Der auch noch nachlegt: „Noch dazu wurde den Wiener Neustädtern die Lizenz nur erteilt, weil wir uns sehr kooperativ gezeigt und ihnen für die Wintermonate die NV Arena als Ausweichstadion zur Verfügung gestellt haben. Wir sind der Überzeugung, rechtens gehandelt zu haben und deshalb unser sportlich erreichter Klassenerhalt bestätigt wird.“

Aberratio ictus, würde der Lateiner sagen, denn die Stadionhilfe aus der Landeshauptstadt ist nun schon wieder Geschichte, die Rache des SKN folgte auf dem Fuß: Einen Tag nach Einreichung der Klage entzogen die St. Pöltener in Absprache mit der NÖ-Landesregierung dem SCWN den Zugang zur NV-Arena. Nun stehen die Neustädter ohne Heimstadion für die Wintermonate da und müssen um die Lizenz bangen, da es nun an einem bundesligatauglichen Stadion mit Rasenheizung (Lizenz A-Kriterium) mangelt. Hier stellt sich mir allerdings die Frage ob der SKN und das Land NÖ diesen Vertrag so mir nichts, dir nichts aufkündigen können? „Nach dem, was vorgefallen ist, fühlen wir uns an nichts mehr aus der Vergangenheit gebunden. Unsere Hilfe für Wiener Neustadt ist Vergangenheit. Wir entziehen diesem Klub die Genehmigung, im Winter Heimspiele in unserer NV-Arena auszutragen“, so Blumauer gegenüber dem Kurier. Ob ein „Gefühl“ dafür ausreicht? Es riecht nach Kindergarten!

Zudem hat der SCWN in Person von Alexander Sobczyk selbst von der Kooperationsspielerregelung profitiert. Der 21-Jährige wurde in der laufenden Saison bereits für Rapid Wien und – aberwitzige Ironie – St. Pölten eingesetzt. Neustadt-Sportdirektor Andreas Schicker dazu: „Wir setzten Sobczyk in den heiklen Partien gegen direkte Konkurrenten um den Aufstieg nicht ein, da wir von der Liga auf Anfrage erfuhren, dass es zu Schwierigkeiten kommen könnte, falls der Gegner protestiert.“ Kurios, kurioser, Bundesliga. 

Ich kann aber nachvollziehen, dass man den nunmehr ungeliebten Gast in der Landeshauptstadt vom Hofe jagt. 

Verständnis für Neustädter Reaktion

Bei aller Kritik, die sich der SCWN für diesen Schritt – der nicht unbedingt dazu beiträgt, die Sympathiekonstante steil ansteigen zu lassen – anhören muss, so sollte man aus deren Blickwinkel durchaus Verständnis haben können. „Als Vorstand bin ich verpflichtet, das Beste für den Verein zu tun“, so Neustadt-Präsidentin Katja Putzenlechner. Damit bringt sie es eigentlich auf den Punkt. Denn ein Verbleib in Liga zwei würde dem Projekt Stadion sowie dem Verein als solches einen herben Dämpfer verpassen, der das ganze Konstrukt SCWN ins Wanken bringen könnte. Finanziell wird die Liga nun noch schwerer für einen solchen Club zu stemmen sein, da in der Region vielerseits die Unterstützung fehlt. Dieses Damoklesschwert schwebt über dem Verein, was unter Anbetracht der Fakten den Weg zur Klage nachvollziehbar erscheinen lässt.

Schließen möchte ich mit einem Zitat des deutschen Illsutartors Henry Meyer-Brockmann:

 Man kann niemanden angreifen, der sich nicht selbst zur Zielscheibe macht.

Ich verneige mich und danke für Eure Aufmerksamkeit,

Euer,

René Dutchy

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