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Interview mit Hermann Stadler und Mario Huemerlehner

„Lienhart hat Potential für ganz oben!“

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Hermann Stadler und Mario Huemerlehner stehen für Erfolg im österreichischen Nachwuchsfußball. Mit dem U19-Nationalteam schafft das Duo Ende März die Qualifikation für die Europameisterschaft in Griechenland. Vor allem das Wie ist beeindruckend, gegen die vermeintlich schwächste Mannschaft in der Eliterunde, Schottland, verliert man mit 2:1. Mit dem Rücken zur Wand schlägt man die Alterskollegen aus Kroatien und Italien und schafft die Sensation. 

12terMann.at trifft die beiden nach der Qualifikation für die Europameisterschaft in Salzburg.

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12terMann: Im entscheidenden Spiel um die EM-Qualifikation gegen Italien hat das Team einen  0:1-Rückstand noch in einen 2:1-Sieg verwandelt. Möchte man sich manchmal nicht auch selbst loben?

Stadler: In erster Linie muss man die Mannschaft loben und dann erst das Betreuerteam. Der Anteil ist schwer einzuschätzen. Der Masseur hat genauso seinen Anteil wie der Kapitän. Ich glaube wir sitzen alle in einem Boot und jeder hat seine Aufgabe, zum Beispiel Mario Huemerlehner ist ein extrem wichtiger Mann. Er erstellt Motivationsvideos, Analysen und bringt auch seine eigenen Eindrücke ein. Wir sind ein Team, in dem die Betreuer genauso dazu gehören, wie die Mannschaft.

Die Ehrenrunde im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion nach der erfolgreichen Qualifikation war für die Spieler etwas Besonderes, auch für das Trainerteam?

Huemerlehner: Ich glaube die Spieler haben sich da erstmals vorstellen können, wie es ist im A-Nationalteam zu spielen und von 50.000 Fans nach einem Sieg bejubelt zu werden. Ich selbst habe mich in dem Moment vor allem für die Spieler gefreut, sie haben es sich speziell nach den Spielen gegen Kroatien und Italien verdient.

Stadler: Ich habe mich auch mehr für die Spieler gefreut. Bei mir war es nicht das erste Mal, dass ich vor 50.000 Fans im Stadion gestanden bin. Trotzdem hat es auch mich extrem berührt, wie die Zuschauer mit uns die „Laola-Welle“ gemacht haben. Man hat gesehen, dass uns die Zuschauer sehr wertschätzen und uns diesen Erfolg vergönnt haben.

Unsere U19-Helden wurden gestern auf der Ehrenrunde im Ernst-Happel-Stadion von den Fans gefeiert!

Posted by ÖFB Youngsters on Mittwoch, 1. April 2015

„Ich glaube die Spieler haben sich da erstmals vorstellen können, wie es ist im A-Nationalteam zu spielen.“ – Mario Huemerlehner

Sie haben sich schon drei Mal mit einer U-Nationalmannschaft für eine Endrunde qualifiziert, sind jedoch jeweils in der Gruppenphase gescheitert. Warum kommt Österreich bei der U19-EM in Griechenland über die Gruppenphase hinaus?

Stadler: Seitdem Mario dabei ist haben wir uns jedes Mal für eine Endrunde qualifiziert und ich hoffe, dass wir mit ihm als Glücksbringer die Gruppenphase überstehen (lacht).Unser Ziel ist es nicht nur dabei zu sein. Wir wollen natürlich so weit wie möglich kommen, ohne dabei zu sagen, dass wir Europameister werden. Wenn wir unsere Leistung abrufen, können wir jeden Gegner in dieser Endrunde Paroli bieten.

Huemerlehner: Ich denke, dass das erste Spiel wieder ein Knackpunkt sein wird. Mit einem erfolgreichen Start in das Turnier werden wir einen großen Vorteil haben. Im Vorfeld der U17-WM haben wir damals gegen die Elfenbeinküste gespielt und nicht überzeugen können. Im ersten Spiel gegen den vermeintlich schwächsten Gegner in der Gruppe Kanada haben wir dann nur 2:2 gespielt. Deswegen denke ich, dass das erste Spiel ganz entscheidend wird für den weiteren Turnierverlauf.

Stadler: Bei der U19-EM sind keine schlechten Mannschaften mehr dabei. Deswegen können wir nicht sagen, dass Österreich Favorit ist. Andererseits haben wir schon bewiesen, dass wir Teams wie Kroatien, Italien und Deutschland schlagen können.

Ist das der beste Jahrgang mit dem Sie bisher zusammengearbeitet haben?

Stadler: Von den Platzierungen her auf jeden Fall. Wir haben uns für alle Endrunden dieses Jahrgangs qualifiziert. Wobei auch im 92er-Jahrgang, den ich trainiert habe, extrem viele gute Spieler dabei waren. Nur hatten wir damals nicht das nötige Glück, das wir jetzt haben. Damals haben wir trotz 80 minütigen Powerfußball gegen Italien 1:2 verloren und wir sind ausgeschieden. Haben aber in diesem Jahrgang mit Alaba, Hinteregger, Offenbacher, Florian Kainz, Tobias Kainz, Djuricin, Trauner, Janeczek, Lainer lauter Bundesligaspieler gehabt. Dennoch darf man nicht vergessen, dass wir mit diesem Jahrgang den Weltmeister Schweiz 3:0 geschlagen haben, genauso wie Europameister Deutschland. Für mehr fehlte jedoch oft das nötige Spielglück. Den jetzigen 96er-Jahrgang habe ich im Vorfeld gar nicht so hoch eingeschätzt, aber er hat sich extrem gut entwickelt. Wir sind zu einem verschworenen Team zusammengewachsen und das ist denke ich das große Geheimnis.

„Mir ist es lieber, wenn die Spieler schon Regionalliga oder in der zweiten Liga spielen, bevor sie zu lange im Nachwuchsbereich bleiben.“ – Hermann Stadler

Hermann Stadler, 2013

Mit dem 88er-Jahrgang hatten Sie weit weniger Erfolg und sind bei der U19-EM in Österreich mit einem Punkt ausgeschieden. Dennoch spielten damals aktuelle A-Nationalteamspieler wie Marko Arnautovic, Stefan Ilsanker oder Julian Baumgartlinger mit. Der österreichische Fußball-Fan braucht sich keine großen Sorgen um die Zukunft zu machen, oder?

Stadler: Ich glaube, dass wir in jedem Jahrgang sehr viele gute Talente hatten. Die Dichte ist vielleicht noch höher geworden. Ich bin hier wieder beim viel zitierten österreichischen Weg, der 2002 eingeleitet wurde. Mit der Einrichtung der Landesausbildungszentren und der Akademien ist die Betretung viel professioneller geworden. Auch die diversen Projekte, wie „Challenge 08“, „Projekt12“ oder jetzt das Individualtrainer-Projekt der Landesverbände in den LAZ bei dem der Mario Huemerlehner auch Trainer ist, tragen jetzt ihre Früchte. Wenn man jetzt sieht wie viele Spieler vermehrt schon im jungen Alter in den zwei höchsten Ligen Österreichs zum Einsatz kommen oder ins Ausland gehen, gibt es dem Weg recht. Auch das aktuelle A-Team ist eine junge Mannschaft die zusammengewachsen ist und ich glaube, dass wir in Zukunft noch breiter aufgestellt sein werden.

Sie haben den österreichischen Weg angesprochen. Willi Ruttensteiner hat in einem Interview einmal gesagt, dass junge Spieler erst in der Bundesliga Stammspieler werden sollten und erst dann ins Ausland gehen sollen.

Wie sehen Sie das?

Stadler: Das kann man nicht pauschalieren. Österreich braucht sich bezüglich der Ausbildung gegenüber Deutschland nicht zu verstecken. Eigentlich bin ich auch der Meinung, dass die Spieler zuerst in Österreich die Akademien durchlaufen sollen, dann in der österreichischen Bundesliga Fuß fassen sollten und wenn sie greift sind, den Schritt ins Ausland machen sollten. Jedoch soll man Spieler, die schon mit 15-16 Jahren ins Ausland gehen wollen, wie David Alaba damals, auch nicht aufhalten. Ein David Alaba hatte jedoch auch schon einen Profivertrag bei Austria Wien und war in der zweiten Österreichischen Liga im Einsatz. Ein anderer Spieler geht vielleicht zu früh ins Ausland und ist jetzt nirgends. Deswegen kann man nur schwer sagen welcher Weg besser ist.

In ihrem U19-Kader sind aktuell fast nur Spieler zu finden, die in Österreich unter Vertrag stehen und auch regelmäßig zum Einsatz kommen. Spricht das auch für den österreichischen Weg?

Stadler: Mir ist es lieber, wenn die Spieler schon Regionalliga oder in der zweiten Liga spielen, bevor sie zu lange im Nachwuchsbereich bleiben. Adrian Grbic zum Beispiel war damals der Star bei der B-Mannschaft beim VfB, spielt jetzt aber nach wie vor bei Stuttgarts U19.

Huemerlehner: Im Erwachsenenfußball ist das Spiel körperbetonter und es werden andere Attribute abverlangt als im Nachwuchsbereich.

Stadler: Grbic war bei uns immer Stammspieler und hat uns damals zu der Europameisterschaft in der Slowakei geschossen. Mittlerweile hat er seit zwei Jahre die Jokerrolle bei uns im Team. Auch Michael Lercher spielt bei der U19 von Bremen, das merkt man einfach, auch er hat daher seinen Stammplatz im Nationalteam verloren. Bei Philipp Lienhart hingegen ist es genau das Gegenteil.

Martin Hanebeck

Geboren in Salzburg und aufgewachsen mit der dortigen Austria, nach Wien gezogen und eine Liebe zur hiesigen Austria entwickelt. In Deutschland Werder Bremen und Fortuna Düsseldorf. Fan von Problemkindern, Fußball ohne Arnautovic, Balotelli, Best, Pepe, Barton, Naumoski oder Ibrahimovic wäre für ihn ungenießbar. Studiert irgendwas mit Umweltschutz und ab Oktober 2014 irgendwas mit Journalismus.